Jetzt soll Priebke in Deutschland vor Gericht gestellt werden

■ Haftbefehl liegt vor. Italien und Argentinien müssen der Auslieferung nach Deutschland zustimmen

„Wir wollen ihn haben.“ Bernhard Böhm, Sprecher des Bundesjustizministeriums, läßt keinen Zweifel daran, daß der 83jährige frühere SS-Hauptsturmführer Erich Priebke vor ein deutsches Gericht gestellt werden soll. Das Bundesjustizministerium bat noch gestern die italienischen Behörden formell, Priebke in vorläufige Auslieferungshaft zu nehmen. Deutschland hat 40 Tage Zeit, die nötigen Unterlagen und Beweismittel nach Italien zu schicken.

Der italienische Justizminister Giovanni Maria Flick hatte hatte nach der erneuten Festnahme Priebkes in der Nacht zum Freitag erklärt, Priebke solle solange in Haft bleiben, bis über das deutsche Auslieferungsbegehren entschieden sei. Ein italienisches Gericht muß allerdings innerhalb von 96 Stunden prüfen, ob Priebke in Haft bleibt oder auf freien Fuß gesetzt wird. Das Bonner Justizministerium hatte angekündigt, daß sich Bonn in jedem Fall um eine Überstellung Priebkes bemühe, „egal in welches Land er sich begeben sollte“.

Einer Auslieferung nach Deutschland muß jedoch auch Argentinien zustimmen. Dort hatte man im November letzten Jahres nur eine Überstellung nach Italien bejaht. Das erforderliche deutsche Ersuchen an Argentinien, der Auslieferung Priebkes nach Deutschland zuzustimmen, liegt den dortigen Behörden nach Angaben des Bundesjustizministeriums bereits vor. Aus Buenos Aires gab es dazu noch keine Stellungnahme. Innenminister Carlos Corach gab allerdings bekannt, daß Argentiniens Staatschef Carlos Menem angeordnet hat, daß Priebke auf keinen Fall in das südamerikanische Land zurückkehren dürfe.

Gegen Priebke liegt ein internationaler Haftbefehl des Amtsgerichts Dortmund vor. Auf diesen Haftbefehl stützt sich das deutsche Auslieferungsbegehren. Dort wurde seit 1963 gegen mehrere Angehörige der Sicherheitspolizei in Rom, darunter auch Priebke, ermittelt. Nach dem Tod des Hauptangeklagten wurde dieses Verfahren, das nichts mit der jetzigen Anklage zu tun hatte, jedoch eingestellt. Die in Ludwigsburg ansässige Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Verfolgung von NS-Verbrechen hatte nach Bekanntwerden von Priebkes Aufenthalt in Argentinien neu ermittelt und dieses Verfahren 1994 nach Dortmund abgegeben. „In Deutschland wird ganz neu verhandelt werden müssen“, betont Staatsanwalt Willi Dressel in Ludwigsburg. Er geht davon aus, daß die Beweise ausreichen, den Ex- SS-Mann wegen Mordes oder Beihilfe zum Mord anzuklagen und zu verurteilen. Bernd Siegler