Diskret, zuverlässig und vertrauenswürdig

■ Mitte August startet in Berlin der Probelauf für die erste Dienstleistungsagentur

„Wir Frauen im Osten waren immer berufstätig, haben Familie und Beruf miteinander vereinbart. Ich habe da eine absolute Hemmschwelle, mir die Hausarbeit von jemanden abnehmen zu lassen“, sagt Petra Bratzke vom DGB- Sachsen-Anhalt.

Heidrun Hogan, Geschäftsführerin der ersten Dienstleistungsagentur, ist dennoch davon überzeugt, daß in den bundesdeutschen Privathaushalten ein Bedarf vorhanden ist, Teile der Hausarbeit einer Haushaltshilfe zu überlassen – jedenfalls in Berlin.

Hogan betreut derzeit ein durch den Berliner Senat für Arbeit und Frauen gefördertes Projekt zum Aufbau einer Dienstleistungsagentur für private Haushalte, die „EUROPANORAT Beratung, Training, Management und Consulting GmbH“.

Am 18. August wird das Projekt offiziell anlaufen. Dann werden 25 Frauen und Männer eine dreimonatige Grundausbildung absolvieren, nach derem erfolgreichen Abschluß sie sich „Hauswirtschaftsfachkraft“ nennen dürfen. Praktisch und theoretisch umfaßt der Lehrgang alle erdenklichen Bereiche einer Haushalts- und Familienführung: Einkauf, Kinder- sowie Altenbetreuung, Haushaltsreinigung, Erledigung von Behördengängen, Tätigkeiten einer Gesellschafterin und mehr. „Das Benehmen ist sehr wichtig“, sagt Heidrun Hogan. „Höflichkeit, Zuhören können, eine gepflegte Sprache, zeitgemäße normale gute Umgangsformen, darauf legen wir Wert.“

Sie will gar nicht verhehlen, daß sich ihr Angebot an die Spitzenverdiener richtet, die Doppelverdiener und an Familien, in denen die Hauswirtschaftshilfe eine lange Tradition hat. Den bestehenden Schwarzmarkt in diesem Dienstleistungsbereich abzuschaffen ist weder gewollt noch möglich, meint Heidrun Hogan.

Bewußt setzt sie mit ihrem Unternehmen auf eine ganz andere Klientel. Diskretion, Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit sind deshalb grundlegende Persönlichkeitseigenschaften, die ihre HauswirtschafterInnen mitbringen müssen. Am 1. November fällt der Startschuß für die Generalprobe. Dann sollen die ersten fünf KursteilnehmerInnen möglichst in eine Vollbeschäftigung entlassen werden.

Angestellt werden sie weiterhin bei ihrer Agentur sein, bei einer 40-Stunden-Woche zu einem Bruttolohn von 2.400 Mark und den üblichen Sozialversicherungsleistungen. Ob die Probe gelingen wird, kann auch Heidrun Hogan heute noch nicht sagen. Die Werbung in den entsprechenden Haushalten wird erst mit dem Kursbeginn laufen.

Das oberste Gebot ist aber in jedem Fall betriebswirtschaftliches Denken und Handeln von Anfang an. „Wir wollen etwas aufbauen, was dann auch lebensfähig ist, wenn die Fördermittel ausgelaufen sind.“

Zwei Jahre lang wird vorerst der Berliner Senat die Betriebskosten des Projektunternehmens tragen. Dann muß es auf eigenen Füßen stehen. Die Aussichten, daß das gelingt, sind vermutlich gar nicht mal so schlecht.

Als das Projekt im Juni am Berliner „Frauenpolitischen Runden Tisch“ vorgestellt wurde, meldete sich jedenfalls eine der etwa 50 Frauen zu Wort: „Ich oute mich. Ja, ich habe einen privilegierten Job, und wir haben trotz Arbeitsteilung in unserem Haushalt diesen nicht im Griff und auch keine Lust, ihn in den Griff zu bekommen. Wir gehören aber auch zu den Haushalten, die sich keine volle Hilfe leisten können. Wir wünschen uns deshalb solche Dienstleistungsagenturen.“ Allerdings kam diese Frau aus Bremen. Petra Welzel