PDS muß ohne Altvermögen leben

■ Milliardenschwerer Finanzstreit so gut wie beendet / Parteirat und -vorstand stimmen Kompromiß zu / Vier Immobilien gehen an die Partei, die innerparteilichen Auseinandersetzungen gehen weiter

Berlin (dpa/taz) – Im milliardenschweren Finanzstreit um das PDS-Altvermögen ist das Ende in greifbarer Nähe. Parteirat und Parteivorstand der PDS haben der Kompromißlösung mit der Unabhängigen Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen zugestimmt. Damit sei der Weg frei, daß die Einigung noch vor der Sommerpause unterzeichnet werde, sagte PDS-Schatzmeister Dietmar Bartsch gestern. „Die PDS erhält weniger als die KPD 1933 hatte“, so Bartsch.

Im Kern sieht die Einigung vor, daß es keine gegenwärtigen Forderungen zwischen Kommission und PDS mehr gebe und die Partei vier Immobilien zurückbekomme. Unter anderem die derzeitige Parteizentrale in der Mitte Berlins sowie ein Ferienheim in Elgersburg in Thüringen und ein Haus in Erfurt, wo derzeit auch der Landesvorstand residiert.

Bei dem Vergleich handele es sich „letztlich um ein Diktat der Gegenseite“, meinte Bartsch. Man habe aber auch deshalb dem Vergleich zugestimmt, um „endlich Ruhe auf dem Gebiet zu haben“. Das verbliebene SED-Altvermögen, das die Treuhand im vergangenen Jahr auf 1,8 Milliarden Mark geschätzt hatte, könne nun zum Aufbau der neuen Länder eingesetzt werden.

Auch PDS-Chef Lothar Bisky äußerte sich zufrieden mit der Einigung. Der nächste Parteitag der PDS, der für Ende Januar einberufen worden ist, wird sich vorrangig mit der Kommunalpolitik beschäftigen. Das sei „seit langem überfällig“. Die Partei wolle damit nicht die strategischen Debatten unterdrücken, die „eh da sind“. Die Mitglieder erwarteten von der Partei, daß sie sich an praktischer Politik orientiere und hätten wenig Verständnis für die in den vergangenen Wochen aufgebrochenen ideologischen Querelen.

Zwischen den verschiedenen Parteiflügeln liegen Welten. Etwa zwischen dem PDS-Bürgermeister von Hoyerswerda, Horst Brähmig, und der Vorstandsfrau Angela Marquardt. Brähmig hielt seine Stadt mit der Unterbringung von Asylbewerbern noch für überfordert. Stellvertreterin Angela Marquardt verdächtigte die PDS-Bürgermeister auf dem letzten Parteitag, sie setzten die Politik der Herrschenden in den Kommunen durch. Oder zwischen den Ostberliner Baustadträten der PDS, die bei der behutsamen Stadterneuerung nicht ohne vertretbare Mieterhöhungen auskommen und den Genossen, die angesichts des Mietenüberleitungsgesetzes am liebsten zum Mietboykott aufrufen würden.

Möglicherweise, so Bisky, stellten sich die Meinungsverschiedenheiten in der Kommunalpolitik am schärfsten dar, aber dann könnten etwa die Eigentumsfrage oder die Probleme des Klassenkampfes „nicht theoretisch, sondern konkret diskutiert werden“. Die Reformer hoffen, dann die besseren Argumente auf ihrer Seite zu haben. Aber so betonte Bisky, die PDS bleibe eine pluralistische Partei, in der man „egal ob mit oder ohne Klassenkampf“ zum Beispiel für bezahlbare Mieten kämpfen könne.

Bisky bestritt, daß sich die Partei aus Westdeutschland zurückziehe. In den alten Ländern müßten aber die Realitäten berücksichtigt werden. Die PDS werde längere Zeit brauchen, um dort Fuß zu fassen. „Es wird ein mühsamer Weg sein, wo es auch Niederlagen geben wird“, sagte Bisky mit Blick auf das Wahlergebnis des vergangenen Monats in Bremen, wo die PDS mit 2,4 Prozent deutlich den Einzug in das Landesparlament verfehlt hatte.

In Berlin-Marzahn, einer der Hochburgen der PDS, erhielt die PDS-Führung am Wochenende eine Abfuhr der Basis. Dort scheiterte die stellvertretende Bundesvorsitzende Sylvia-Yvonne Kaufmann mit ihrer Bewerbung um eine Direktkandidatur für die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus. Sie unterlag dem nur im Bezirk bekannten 24-jährigen Studenten Stefan Liebich. Christoph Seils