Große Koalition gegen Schönhubers rechte Hetze

■ Politiker der etablierten Parteien möchten dem "Krebsgeschwür der Republika- ner" lieber heute als morgen ein Ende bereiten. Schönhubers Ausfälle gegen Ignatz Bubis sowie die Komplizenschaft

Politiker der etablierten Parteien möchten dem „Krebsgeschwür der Republika-

ner“ lieber heute als morgen ein Ende bereiten. Schönhubers Ausfälle gegen Ignatz Bubis sowie die Komplizenschaft von Reps mit rechtsradikalen Brandstiftern liefern ihnen die Munition, mit der sie die Partei vor den Wahlen ausmanövrieren wollen.

Große Koalition gegen Schönhubers rechte Hetze

Uns kriegt keine Macht der Erde wieder weg. Wir können uns nur noch selbst schaden.“ Bei keinem seiner Wahlkampfauftritte läßt Rep-Chef Franz Schönhuber die Gelegenheit aus, seine Parteifreunde zur Disziplin aufzurufen. Zu groß ist die Angst, die Reps könnten wie schon 1990 ihren sicher geglaubten Erfolg durch innerparteiliche Grabenkämpfe noch verspielen. Zu groß die Furcht, das mühsam mittels Programmglättung und Personalsäuberung geschneiderte demokratische Mäntelchen könnte die dunklen Flecken nicht mehr übertünchen.

Aber genau das scheint einzutreten. Eine große Koalition aus Union und SPD entdeckt plötzlich nach Schönhubers Ausfällen gegen Ignatz Bubis, den Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, die Verfassungsfeindlichkeit der Partei – als ob nicht Schönhuber bereits seit Jahren antisemitische Hetze betrieben hätte – früher gegen Heinz Galinski, heute eben gegen Bubis. „Rechtsextremismus in Reinkultur“, kommentiert Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU). Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) spricht von „faschistoidem Gedankengut“. Johannes Gerster, Chef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, will dem „Krebsgeschwür der Republikaner“ mit einer parteiübergreifenden Initiative „ein Ende bereiten“. Davon braucht er SPD-Chef Rudolf Scharping nicht lange überzeugen. Der Kanzlerkandidat bezeichnet die Reps bereits als „geistige Wegbereiter für eine Reihe von schrecklichen Mord- und Brandanschlägen“.

Munitioniert werden die Politiker von ihren jeweiligen Verfassungsschutzbehörden. Mit Ausnahme von Niedersachsen werden die Reps in allen Bundesländern mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet, am längsten in Nordrhein-Westfalen. NRW-Innenminister Herbert Schnoor (SPD) war es auch, der die Beteiligung von Reps an Gewalttaten in die Öffentlichkeit trug. Die Beteiligung von Rep-Mitgliedern an dem Brandanschlag im rheinischen Bergheim-Zieverich (1991) war demnach kein Einzelfall. Im April 1993 stellte die Polizei in der Wohnung des stellvertretenden Kreisvorsitzenden der Reps in Herford Waffen und Propagandamaterial der illegalen NSDAP/AO sicher. Am 9. März letzten Jahres wurde in Mülheim/Ruhr der 56jährige Türke Mustafa Demiral von zwei Rep-Mitgliedern beleidigt und geschlagen. Nach einer Scheinhinrichtung mit einer Schreckschußpistole starb er an einem Herzinfarkt. Im November 1992 brachten in Dortmund zwei Rep-Mitglieder einem Deutschen mit Messerstichen lebensgefährliche Verletzungen bei. Der Deutsche hatte einen Ausländer verteidigt.

Mit der „demokratischen Läuterung“ der Reps und deren „Achtung anderer Völker“, die Schönhuber landauf landab anpreist, scheint es also angesichts solcher Taten nicht so weit her zu sein. 1990 hatte sich Schönhuber von einer Vielzahl von Weggefährten getrennt. Beispielsweise von Harald Neubauer. Er war bayerischer Rep-Landesvorsitzender, zog für die Partei ins Europaparlament ein. Zuvor war Neubauer bei der Deutschen Volksunion und der NPD aktiv. Laut dem verstorbenen Neonazi-Führer Michael Kühnen soll Neubauer gar Mitglied der illegalen NSDAP/AO gewesen sein. Kaum glaubhaft, daß Schönhuber von der Vergangenheit seines Zöglings nichts gewußt hatte. Nach parteiinternen Querelen mußten Neubauer und seine Mitstreiter jedoch die Reps verlassen. „Wir haben uns all jener Elemente entledigt, die unsere demokratische Legitimation in Zweifel gezogen hatten“, betonte im nachhinein Schönhuber.

Das Programm wurde zwar beim Parteitag in Augsburg im Juni letzten Jahres geglättet, doch Politik und Propaganda der Reps änderten sich nicht. Da schreibt die nordrhein-westfälische „Republikanische Jugend“ in ihrer Postille im November 1993, daß „Millionen von Asiaten und Farbigen unser Land überschwemmen“ würden. Die Rep-Jugend in Berlin unterzeichnet ihre Flugblätter mit dem Satz „Von der Maas bis an die Memel“.

Die älteren stehen den jungen Reps dabei in nichts nach. Uwe Goller, Rep-Landesvorsitzender in NRW, sieht in einem Strategiepapier die „Gefahr eines drohenden Volksaustausches in unserem Staat“ und will mit dem Begriff „Umvolkung“ in die „wortprägende Offensive“ gehen. Am 16. August letzten Jahres hatte der Oberfeldwebel der Bundeswehr dann den Rep-Ortsvorsitzenden von Hünxe schriftlich gebeten, für Wahlkampfeinsätze eine schlagkräftige Truppe von 100 „mutigen und anständigen Kerls“ zusammenzustellen, die „eine Auseinandersetzung nötigenfalls nicht scheuen“ würden. Die Gruppe sollte pikanterweise ihren Treueschwur an einer alten germanisch- heidnischen Kultstätte im Teutoburger Wald, an den Externsteinen, ablegen.

Und Parteichef Schönhuber? „Wenn sie selbst eins in die Schnauze bekommen, werden auch die Journalisten anfangen umzudenken“, drohte er bei einem Auftritt im oberfränkischen Kronach. Auf dem Augsburger Parteitag tönte er u.a. an die Adresse des NRW-Innenministers Herbert Schnoor: „Wir werden es Euch zurückzahlen mit Zins und Zinseszins.“ Schnoor hatte die Reps als die „gefährlichste rechtsextremistische Partei“ in Deutschland bezeichnet. Dennoch listete Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) die Reps im aktuellen Verfassungsschutz nicht bei den rechtsextremistischen, also verfassungsfeindlichen Organisationen auf. Kanther warnte vor „Schnellschüssen“. Ein Verbotsantrag müsse vor dem Bundesverfassungsgericht (BVG) bestehen können. Auch Gottfried Mahrenholz, ehemaliger Vizepräsident des BVG, sprach sich entschieden gegen ein Verbot aus. „Die Reps können sich doch nichts Besseres wünschen, als sich in die Pose des Verfolgten zu werfen.“

In der Tat richten sich Franz Schönhuber und seine Parteifreunde in der Rolle des Opfers von „Kampagnen der etablierten Politik und der Medien“ bestens ein. Hemmungslos zieht der Rep- Chef Vergleiche zur Verfolgung der Juden im Nationalsozialismus. Die zumindest von den Unionsparteien aus durchsichtigen wahltaktischen Gründen betriebene Einordnung der Reps scheint die Rep- Klientel nicht besonders zu beeindrucken. Bei Umfragen rangieren die Reps immer noch bei drei bis vier Prozent. Elf Prozent im Osten und 15 Prozent im Westen wünschen, daß Rep-Chef Schönhuber zukünftig eine wichtige Rolle spielt. Wären heute in München Kommunalwahlen, würden die Reps locker mit 7,3 Prozent ins Rathaus einziehen. Bernd Siegler