„Stasi-Gesetz muß verändert werden“

Die von der Stasi „zersetzten“ „Frauen für den Frieden“ zogen Bilanz nach sechs Wochen Akteneinsicht  ■ Von Ute Scheub & Bascha Mika

Sechs Wochen nach Öffnung der Gauck-Akten für Stasi-Opfer zogen die „Frauen für den Frieden“ eine kritische Bilanz der Arbeit der Behörde und der Presseveröffentlichungen. Von 1982 bis 1985 hatte das MfS die Frauengruppe durch den „Zentralen Operativen Vorgang Wespe“ traktiert und regelrecht „zersetzt“. „Aus den Akten werden einzelne Fälle gemacht“, so Bärbel Bohley, „aber für uns geht es um die Rolle der Kirche, der Lehrer oder Ärzte in der DDR.“ Die Frage sei zum Beispiel, inwieweit die Förderung der Entspannungspolitik durch die Kirche, Ost- und Westpolitiker das Richtige gewesen sei. Es dürfe nicht heißen, daß man „gegen die Ossis“ sei, wenn man „Fragen an Stolpe stelle“.

Beate Harembski formulierte in diesem Zusammenhang ihr „Unbehagen“ gegenüber „sensationell“ aufgemachten Presseberichten. Es gehe darum, nicht nur auf die Beziehung zwischen Informellen Mitarbeitern und Opfern zu schauen, sondern „die Beeinflussung von Geschichte“ im Auge zu behalten.

Irena Kukutz und Katja Havemann kritisierten den bisherigen Umgang der Gauck-Behörde mit den Akten. Auf Anweisung der Behörde dürfe sie den Klarnamen eines Berliner Abgeordneten nicht nennen, der sie bespitzelt habe, beklagte Irena Kukutz, obwohl sie im Berliner Abgeordnetenhaus mit ihm in einer Reihe sitzen müsse. Katja Havemann, die „sehr umfangreiche Akten“ über sich und ihren verstorbenen Ehemann gefunden hat, forderte, daß „die Akten nicht nur privat eingesehen werden können, sondern für die Aufarbeitung der Zeitgeschichte“ freigegeben werden müßten. Im Einklang mit einem kürzlich von der Berliner Landesmitgliederversammlung des Neuen Forums verabschiedeten Forderungskatalog verlangte sie weiterhin, „eine Person des Vertrauens“ zur Akteneinsicht mitnehmen zu dürfen. Außerdem sollten Gruppen, die gemeinsam „bearbeitet“ worden waren, die Akten gemeinsam lesen und damit auch mal gemeinsam „über die Stasi lachen“ können. Zum Beispiel darüber, wie Tina Krone sagte, daß die Staatssicherheit „die ganze Zeit nach dem Mann im Hintergrund suchte, der die Gruppe steuerte“.

Frau Krone, heute Redakteurin in der Zeitung 'die andere‘, bemängelte die Unvollständigkeit der Akten: Der eigene Name finde sich auch oft in „Operativen Vorgängen“, die in den jeweiligen Personendossiers nicht enthalten seien. Außerdem müsse beim Personenschutz differenziert werden: Personen der Zeitgeschichte und IM müßten von diesem Schutz ausgenommen werden. Zumal „nicht nur die Stasi“ spitzelte, „sondern auch die Genossen und Genossinnen der SED unter ihrem Klarnamen“.