Vielleicht „mangelhaft“, aber lässig

■ Die halbjährliche Befragung Bremer BürgerInnen im Auftrag des Senats will diesmal wissen, ob Meyers Rausschmiß richtig war / Besonders billige Fragemethode

Klaus Wedemeier mag zwar über Skandale und die Senatsumbildung ins Trudeln geraten sein, aber eins kann er: Sich der Umfrageergebnisse über seine Beliebtheit und die Wertschätzung seiner Untertanen für seine Politik angemessen „bedienen“. Das jedenfalls bescheinigt ihm FORSA-Chef Manfred Güllner, dessen Meinungsforschungsinstitut jedes Frühjahr und jeden Herbst im Auftrag des Senats Herz und Hirn von rund 1500 BremerInnen ausleuchtet. In diesen Tagen lassen die MeinungsforscherInnen aus Dortmund wieder die Telefone in Bremen und Bremerhaven heißklingeln.

„Unsinnig“, „abstrus“ und „kurzatmig“ sind weitverbreitete Politiker-Reaktionen auf heftige Ausschläge bei Stimmungs -und Meinungskurven, weiß Manfred Güllner. In der Bremer Senats

kanzlei hält man es dagegen offenbar mehr mit Englands früherem Labour-Premierminister Harold Wilson, der auch bei extremen Stimmungssausschlägen seine Politik nicht ändern wollte, wenn er sie für richtig hielt.

In spätestens zwei Wochen kann Senats-Klaus Wilsonsches Format beweisen. Dann nämlich hat er sein „Mangelhaft“ Schwarz auf Weiß vor Augen (vielleicht reicht's ja auch noch zu einer Vier) und weiß, ob Eva-Maria Lemke-Schulte beim Volk besser ankommt als bei den Bremer Pressejungs. Denn Noten für Bremens Politruks gehören genauso zum Standardprogramm wie die Frage nach dem Ort des Wahlkreuzes, wenn am kommenden Sonntag Wahl wäre. Oder die Dummchen -Frage, ob man PolitikerIn X kennt - aufgeführt sind reichlich SPD-Promis, bei den Grünen wird nur Ralf Fücks aufgeführt.

Güllners Programm läßt auch Platz für Phantasie. Jedesmal darf

sich der Senat aktuelle Fragen ausdenken. FORSA leistet professionelle Formulierungshilfe. Im November '88 wollen die MeinungsforscherInnen wissen, ob der Rücktritt von Innensenator Meyer „richtig“ war und ob der Krankenhausskandal in der St.-Jürgen-Straße „der SPD“ schadet, „dem Senat“ schadet oder „beiden“.

Neben Lässigkeit im Umgang mit den Ergebnissen beweist die Senatskanzlei ausnahmsweise finanzielles Fingerspitzengefühl. Sie hat ihren Image-Test bei einem Billiganbieter in Auftrag gegeben. Mit rund 40.000 Mark ist Wedemeier & Co alle halbe Jahre dabei. Billig heißt dabei nicht mal unseriös. Denn FORSA ist kostengünstig, weil es mit der im westlichen Ausland weitverbreiteten, hierzulande aber unterbelichteten Telefonbefragung arbeitet. Das erspart den InterviewerInnen eine Menge unnütze Wege zu Befragungsopfern, die häufig nicht zu Hause sind. Oben

drein sind die Ergebnisse sicherer, weil die Befragten sich nicht von Minirock, Glatze oder hochgezogenen Augenbrauen der FragestellerIn beeinflussen lassen.

Telefoniert wird am Spätnachmittag und frühen Abend. Dann sind die BesitzerInnen der Telefonnummern, die per Computer aus dem Telefonbuch ausgewählt wurden, mit der größten Wahrscheinlichkeit zu Hause. Obendrein haben dann die FORSA -Frauen Zeit - Frauen ohne Job, von denen es in Dortmund eine ganze Menge gibt und die beim Ablesen der Fragen vom Bildschirm und bei der direkten Eingabe der Ergebnisse in den Computer besonders zuverlässig sind.

Wenn unser Ober-Klaus mit dem Ergebnis, das ihm demnächst auf den Tisch kommt, nicht zufrieden ist, liegt es also ganz allein an ihm, vielleicht noch an den mäkeligen BremerInnen. Jedenfalls bestimmt nicht an den Dortmunder Hausfrauen.

Gaby Mayr