Währungsfonds drängt Kairo zu Subventionsstreichungen

Präsident Mubarak will Auflagen nicht akzeptieren / Preiserhöhungen würden vor allem die arme Bevölkerung treffen / Den IWF als „Quacksalber“ bezeichnet  ■  Aus Kairo Ekkehart Schmidt

Das seit Wochen andauernde Tauziehen zwischen Ägypten und dem IWF wird sich auch in Berlin fortsetzen. Bereits neun Tage vor Beginn der IWF- und Weltbanktagung ist eine ägyptische Delegation unter Führung von Planungsminister Dr.Kamal El-Ghanzouri in die Bundesrepublik gereist.

Am Rande der Tagung wird El-Ghanzouri mit IWF-Vertretern ernste Gespräche führen. Gleichzeitig versucht Präsident Hosni Mubarak - er nannte den IWF kürzlich in einer landesweit im Fernsehen übertragenen Rede einen „Quacksalber“, der eher lebensgefährdende denn rettende Rezepte verteilt -, eine politische Lösung zu finden.

Wie die halbamtliche ägyptische Zeitung 'Al Ahram‘ meldete, wird Mubarak in Kürze zu Beratungen mit der Bundesregierung nach Bonn kommen. Dabei werde er erläutern, warum Ägypten trotz des Drängens von seiten des IWF auf Reformen an seiner Wirtschaftspolitik festhält. Ende September will Mubarak außerdem bei einer Westeuropa-Reise mit Stationen in London, Paris und Rom erreichen, daß die von Kairo gewünschten Umschuldungsgespräche mit dem IWF weiter vorangetrieben werden. Auch will er den Boden für neue Hilfskredite bereiten. Nach Aussagen westlicher Wirtschaftsexperten kann das Land am Nil ohne neue Unterstützung von außen und eine zweite Umschuldung der Auslandskredite kaum wirtschaftliche Fortschritte erzielen.

In Kairo waren vorher die Diskussionswellen hochgeschlagen: Über eine Woche sprachen ägyptische Ökonomen und Regierungsvertreter mit einer IWF-Delegation unter Leitung von Vizepräsident Paul Chabrier darüber, wie der Forderung des IWF nach drastischen wirtschaftlichen Reformen nachgekommen werden soll. Zwischen beiden Seiten gab es zwar eine gewisse Annäherung, doch blieb offensichtlich die grundsätzliche Übereinkunft über den künftigen Wirtschaftskurs Ägyptens aus.

Ägypten, mit schätzungsweise 44 Milliarden Dollar im Ausland verschuldet, hatte vergeblich auf eine Verständigung gehofft. Als Bedingung für die Gewährung neuer Kredite forderte der Fonds die Verringerung der Haushaltsdefizite durch einen drastischen Abbau der Subventionen, die vor allem den Armen zugute kommen.

Die Kairoer Regierung, die noch auf die Auszahlung der zweiten Rate von 150 Millionen Dollar eines Beistandskredits von 350 Millionen Dollar wartet, lehnt insbesondere einen stärkeren Abbau der Subventionen von Grundnahrungsmitteln wie Brot ab. Zu gut erinnert sich Mubarak noch an die Unruhen, die 1977 im Anschluß an Preiserhöhungen ausgebrochen waren. Preisanhebungen bei Benzin und Zigaretten hatte es im Frühsommer gegeben. Die vom IWF verlangte Anhebung der Stromgebühren wird ebenso wie eine Erhöhung der Zinsen mit der Begründung abgelehnt, daß dies der Bevölkerung nicht zuzumuten sei. „Wenn der IWF einem Patienten, für dessen Behandlung eine tägliche Pille über einen Monat notwendig ist, die Medizin auf einmal verabreichen will, dann ist er kein Arzt“, sagte Mubarak kürzlich in einer Rede zum Tag der Bauern - deutliche Worte in einer Schärfe, die der Fonds von seinem Klienten nicht gewohnt ist.

Im Mai 1987 hatte Ägypten die erste Rate des Kredits erhalten, und schon damals wußte Mubarak, daß er für die zweite Rate bis kommenden November Reformen vorweisen muß. Es werde beim Fonds nicht deutlich genug zwischen den verschiedenen wirtschaftlichen Bedingungen unterschieden, kritisierte Mubarak, der IWF scheine nur ein Rezept zu kennen, das er auf alle Länder anwende.

Ägypten brauche eine Reform, aber man müsse verstehen, daß eine Wirtschaftsreform dem Lebensstandard sowie den sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen eines Landes angepaßt sein müssen. Preiserhöhungen von 40 Prozent seien jedenfalls unmöglich. „Das würde bedeuten, einem das Messer an den Hals zu setzen.“ Es wird jedoch mit einer Anhebung des Brotpreises um 25 Prozent gerechnet. Der Brotpreis liegt seit Jahrzehnten bei fünf bis zehn Piastern (drei bis acht Pfennigen).

Der Chefredakteur des linken Oppositionsblattes 'Al Shaab‘, Adel Hussein, vermutete gestern in einem Leitartikel, daß es Mubarak gelingen wird, sich durchzusetzen und ein Aussetzen des Schuldendienstes bis zum Ende seiner Amtszeit zu erreichen. Dies, so Hussein weiter, werde aber nur mit politischen Konzessionen möglich sein.