CAPE-Etikettenschwindel auf dem Dienstweg

■ Was passiert, wenn jemand bei dem Etikettenschwindel mit CAPE-Obst in flagranti erwischt wird und Strafanzeige gestellt wird? / taz-Reporterin auf dem Irrweg durch den Zuständigekeits-Dschungel der Behörden

Live dabei war am Samstag vor zwei Wochen Hildegard Lenz, Bremens unermüdliche Vorkämpferin in Sachen Früchteboykott gegen Südafrika, als das passierte, was Anti-Apartheid -Gruppen seit einigen Monaten wissen und anprangern, aber so schwer beweisen können: Etikettenschwindel mit Obst aus dem südafrikanischen Rassisten-Regime. Ein Verkäufer packte bei Plaza in der Vahr südafrikanische cape-Äpfel aus den Originalkartons auf Selbstbedienungspaletten. Große Schilder über den Paletten deklarierten das frisch ausgelegte Obst vom Kap als Franz. Äpfel, Granny Smith und als Franz. Äpfel, Delicious. Auf die wundersame Verwandlung von südafrikanischen in französische Äpfel angesprochen, versicherte der Verkäufer, er werde die Schilder gleich nach dem Auspacken än

dern. Als am darauffolgenden Montag die Äpfel immer noch französisch-unverfänglich zum Kauf lockten, schickte Hildegard Lenz eine Anzeige an die Lebensmittelpolizei inklusive Fotos von den falschen Äpfeln.

Helga Bonarens-Jäckel, Sprecherin der Bremer Staatsanwaltschaft, präsentiert eine einleuchtend und eindrucksvoll klingende Rechtsgrundlage für mögliche Ermittlungen: Betrug. Schließlich gebe es inzwischen viele KäuferInnen, die keinesfalls Waren aus Südafrika kaufen wollen und die durch die falsche Auszeichnung in die Irre geführt würden. Zuständig für Lebensmittel allerdings ist ihr Kollege Staatsanwalt Jürgen Schmundt.

Der hat von dem Fall noch nichts gehört. Eine Straftat sei die „falsche Dekoration“ wohl nicht, möglicherweise aber eine Ord

nungswidrigkeit. Die allerdings käme erst bei ihm auf den Schreibtisch, wenn die Polizei ein Bußgeld verhängt und Plaza dem Bußgeldbescheid widerspricht.

Das Bußgeld könne bis zu 50.000 Mark betragen - mindestens aber eine Mark.

Also die Polizei, genauer: Wolfgang Ahrends, Leiter des

gewerbe- und lebensmittelpoli

zeilichen Außendienstes. Tatsächlich liegt die Anzeige bei ihm auf dem Tisch, ein Mitarbeiter ermittelt gerade wieder bei Plaza vor Ort. Denn die detaillierte Schilderung von Lenz ist nicht mehr und nicht weniger als eine Zeugenaussage. Seine Leute versuchen nun, Beweise für die Aussage der Zeugin zu finden, beispielsweise eindeutige Lieferpapiere. Denn wenn Plaza abstreitet, steht Aussage gegen Aussage. Hilfreich für die Ermittlung wäre natürlich gewesen, wenn Hildegard Lenz bei ihrem Samstagseinkauf einen Fotoapparat zur Hand gehabt und den Verkäufer in flagranti geknipst hätte. „Schließlich können wir ja nicht ständig jemand im Laden haben“, faßt Wolfgang Ahrends die Lage unwiderlegbar zusammen.

Und wenn sein Außendienst nun hieb- und stichfeste Beweise präsentiert? Wieviel Bußgeld wird dann fällig?

Da ist die taz beim Außendienst leider an der falschen Adresse -der Innendienst ist zuständig. Der arbeitet einen Bußgeldvorschlag aus, den er an die Bußgeld

stelle weiterleitet. Einen solchen Fall hat Friedberg Schottke vom Innendienst jedoch noch nicht erlebt. Nach Tschernobyl, als viel umetikettiert wurde, war er allerdings monatelang nicht da.

Nun hätte die taz gerne den Lebensmittelexperten der Bußgeldstelle mit der - wenn auch rein hypothetischen Frage konfrontiert, welche Bußgeldhöhe er sich denn in diesem Fall vorstellen könnte, falls Kollege Ahrends‘ Ermittlungsarbeit wider Erwarten handfeste Beweise zutage fördert und nachdem Kollege Schottke seinen Bußgeldvorschalg formuliert hat. Aber der Bußgeldexperte für Lebensmittel weilt gerade auf Urlaub. Dabei hängt so viel von ihm ab. Denn er muß den Bußgeldvorschlag von Kollege Schottke keineswegs übernehmen. Er kann auch völlig neu ermitteln.

Plaza ließ inzwischen verlauten, es sei ihnen ein Fehler unterlaufen, der nicht wieder vorkommen solle. Das wäre allerdings neu: Plaza ist in Bremen bekannt für seinen subversiven Verkauf südafrikanischer Waren.

Gaby Mayr