bruno lüdke: der fall zum film
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Es ist auch eine Faszination der schieren Zahl, die sich mit dem Namen Bruno Lüdke verbindet: Immerhin 53 Morde will die Polizei 1943 ihm nachgewiesen haben. Die Geschichte um Lüdke wurde 1957 von Robert Siodmak als „Nachts, wenn der Teufel kam“ mit Mario Adorf in der Hauptrolle verfilmt.

Problem nur: Es ist mehr als umstritten, ob der angebliche Serienmörder Lüdke überhaupt einen Mord begangen hat. Bruno Lüdke wurde 1908 in armen Verhältnissen in Berlin-Köpenick geboren, besuchte die Hilfsschule und arbeitete als Kutscher bei Berliner Fuhrunternehmen. Nach kleineren Diebstahlsdelikten wurde er gegen den Willen der Mutter wegen „angeborenen Schwachsinns“ 1940 sterilisiert und für unzurechnungsfähig erklärt. Im März 1943 von der Kripo verhaftet, gesteht Lüdke eine Serie von mehr als fünfzig Morden in ganz Deutschland, die bis in sein sechzehntes Lebensjahr zurückgehen. Viele Indizien und Zeugen aber sprechen gegen Lüdke als Mörder.

Zweifel an den Methoden der Berliner Kripo hatte bereits im Herbst 1943 der Hamburger Kriminalrat Gottfried Faulhaber geäußert. Danach wurden die Untersuchungen abgebrochen. Ein Prozess gegen Lüdke wurde nie eröffnet. Stattdessen wurde der vermeintliche Massenmörder zu Menschenexperimenten nach Wien überführt und am 8. April 1944 getötet.

In einem Brief an Faulhaber schrieben Lüdkes Schwestern im Oktober 1957, dass ihr Bruder bei der Kriminalpolizei durch Schläge gezwungen worden sei, den ersten Mord zu gestehen: „Unser Bruder hat mir erklärt: ‚Herta, wenn ick nich sage, det ich die Rösler ermordet hab, schießen se mir dot!‘“ Im Februar 1958 strengten die in Ostberlin wohnenden Schwestern auch eine Einstweilige Verfügung gegen den westdeutschen Film an. Der Anwalt des Gloria-Filmverleihs konnte allerdings die Klage beim Hamburger Oberlandesgericht abwehren. Bruno Lüdke selbst habe sich durch seine Geständnisse als Person der Zeitgeschichte etabliert, ein „Schutzbedürfnis“ bestehe nicht.

Im Jahr 1994 hat der niederländische Kriminalist J. A. Blaauw sämtliche Fälle, bei denen Bruno Lüdke der Mörder gewesen sein soll, anhand der Akten akribisch überprüft. Sein Urteil: Lüdke war unschuldig.