Senat startet Versuch einer Mischung

WOHNUNGSPOLITIK Senat will Sozialwohnungen billiger machen, verzichtet aber auf verbindliche Regelungen

„Die Regelung fördert die soziale Mischung“

Senatorin Junge-Reyer

Im Streit um bezahlbaren Wohnraum hat der Senat konkrete Maßnahmen zum Mieterschutz vorgelegt. Demnach sollen die Härtefallregelungen bei drastischen Mietsteigerungen auf zehn Jahre verlängert werden. Sozialwohnungen, die aus der Bindung fallen, sollen maximal zwischen 5,50 und 6 Euro pro Quadratmeter kosten. Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) zufolge liegen diese Preise im Durchschnitt 16 Prozent unter dem Mietspiegel für vergleichbare Wohnungen. Das Land komme damit dem politischen Ziel nach, Mieter besser zu schützen, sagte Junge-Reyer am Dienstag. Das Gesetz war vor der Sommerpause verabschiedet worden, nun folgte die genaue Ausgestaltung.

Die Regeln sollen für 100.000 der etwa 170.000 Sozialwohnungen greifen. In vielen von ihnen liegen die Mieten deutlich über dem Mietspiegel, seit Eigentümern die Subventionen gekürzt werden. Das Land Berlin beschloss 2003, aus der Förderung auszusteigen.

Eigentümer können mit dem nun ausgearbeiteten Gesetz ihre vor Jahrzehnten erhaltenen Darlehen in einem Rutsch an das Land zurückzahlen, und zwar deutlich günstiger, als wenn sie ihre erhaltenen Subventionen jährlich abstotterten. Das Land rechnet damit, dass es auf diesem Weg etwa 70 Prozent der eigentlichen Summe zurückerhält.

Gleichwohl sei es kein schlechtes Geschäft, sagte die Senatorin: Zum einen spült es sofort Geld in die Landeskasse, der Senat rechnet mit etwa 250 Millionen Euro. Zum anderen übernehmen Eigentümer bestimmte Verpflichtungen – etwa, die erwähnten Mietobergrenzen bei den Sozialwohnungen einzuhalten. Über einen Zeitraum von 20 Jahren dürften die Mieten dort dann lediglich 1,5 Prozent pro Jahr steigen. Jede zweite freiwerdende Wohnung indes darf frei auf dem Markt angeboten werden. „Das ist gut für die soziale Durchmischung“, sagte Junge-Reyer. Der wohnungspolitische Sprecher der Grünen, Andreas Otto, äußerte daran indes Zweifel: Schon jetzt wohnten in einem großen Teil der Sozialwohnungen solvente Mieter. Die Ankündigung des Senats sei Augenwischerei.

Grundsätzlicher Haken beim Wohnraumgesetz: Das Angebot ist ein freiwilliges. Zwar führe die Investitionsbank Berlin (IBB) bereits Gespräche mit Eigentümern, die Interesse an einer vorzeitigen Darlehensrückzahlung gezeigt hätten, sagte Junge-Reyer. Doch der Wohnungsunternehmerverband BBU wies darauf hin, es komme auf die Rückzahlungsbedingungen und Refinanzierungsmöglichkeiten für die Firmen an. Der Verband erklärte, Möglichkeiten zu prüfen. Auch Otto wies auf das Problem der Freiwilligkeit hin. Die Mietenfrage werde nicht im Kern gelöst. „Wir wollen, dass das Land Wohnungen kauft, zumindest aus der Insolvenzmasse bankrotter Firmen“, sagte Otto.

Die Regelungen gelten zunächst bis Ende 2013. Danach solle geprüft werden, wie das Gesetz greife, sagte Junge-Reyer.

Kristina Pezzei