Verschlossene Tür als Kündigungsgrund

Verwaltung kündigt Mietverträge von allen Bewohnern der Liebigstraße 34. Auch andere Hausprojekte in Friedrichshain klagen über Kündigungen durch den Verwalter. Gemeinsame Kundgebung in der Warschauer Straße

In Friedrichshain sind Hausprojekte nicht einmal durch schriftliche Verträge gesichert. Die BewohnerInnen der Liebigstraße 34 haben in der vergangenen Woche alle eine Kündigung erhalten. Zur Begründung hieß es von der Hausverwaltung Factor Grundstückentwicklungsgesellschaft, dass bei Besichtigungsterminen die Haustür verschlossen gewesen sei.

Die Liebigstraße 34 ist – mit dem Infoladen Daneben und der Kneipe XBeliebig – so etwas wie das verlängerte Wohnzimmer der Friedrichshainer ExbesetzerInnen. Im Unterschied zu anderen aus besetzten Häusern hervorgegangenen Einrichtungen handelt es sich hier explizit um Szenetreffpunkte und nicht um Stadtteilläden.

Die BewohnerInnen vermuten einen Zusammenhang zwischen der Kündigung ihrer Verträge und einem möglichen Besitzerwechsel. Der Kaufmann Gijora Padovicz, dem im Bezirk zahlreiche Häuser gehören, habe Interesse an dem Gebäude bekundet.

Von Padovicz und Factor sind auch die BewohnerInnen der Scharnweberstraße 29 wenig begeistert. Nur wenige Monate nachdem sie – wie vertraglich vereinbart – in das mittlerweile sanierte Haus zurückgezogen sind, wurde vier MieterInnen gekündigt. Dabei seien die unterschiedlichsten Gründe genannt worden, sagte ein Sprecher der BewohnerInnen: Mietrückstände, illegale Untervermietung oder die Haltung von Hunden. Einem Mieter wurden Kontakte zur Hausbesetzerszene vorgeworfen. Als Beweis wurde angeführt, er habe sich bei Protesten von BewohnerInnen der Liebigstraße 34 vor dem Haus aufgehalten und sei mit der Aktion offensichtlich einverstanden gewesen.

Eine gütliche Einigung, wie sie von der Richterin vorgeschlagen wurde, hat die Anwältin der Vermieter abgelehnt. „Die setzen auf die Zermürbungstaktik und hoffen, dass man schließlich entnervt auszieht oder eine Frist versäumt“, befürchtet einer der Betroffenen. In dem einst besetzten Haus Kreutzigerstraße 12 hatte diese Taktik schon Erfolg: Mehrere BewohnerInnen mussten in den letzten Monaten aus dem seit 1999 im Padovicz-Besitz befindlichen Gebäude ausziehen.

Die BewohnerInnen von Liebig- und Scharnweberstraße suchen nun den Kontakt zu MieterInnen anderer Padovicz-Häusern. Gestern Nachmittag mobilisierten sie zu einer Kundgebung vor dem Büro der Factor-Hausverwaltung in der Warschauer Straße. PETER NOWAK