Polittbüro vor dem Aus

KULTURSCHWUND Die Kabarettbühne am Steindamm in St. Georg ist seit Jahren unterfinanziert. Springt die Kulturbehörde nicht ein, wird bald Schluss sein

residiert im ehemaligen Neuen Cinema, das zuvor vom Schauspielhaus als dritte Spielstätte genutzt wurde.

■ In Gastspielen sind auf der Bühne regelmäßig renommierte Kabarettisten wie Volker Pispers, Georg Schramm, Rainald Grebe, Jochen Malmsheimer oder Serdar Somuncu zu sehen.

■ „Herrchens Frauchen“ zeigt eine Produktion pro Jahr im Polittbüro.

■ Szenische Lesungen gehen monatlich mit der „Vers- und Kaderschmiede“ von Thomas Ebermann über die Bühne.

2005 bekam die Kabarettistin Lisa Politt den Deutschen Kleinkunstpreis, als „eine radikale Denkerin, die gnadenlos analysiert und exakt formuliert“, wie es in der Begründung hieß. Seit September 2003 betreibt sie nebenher die Theaterbühne Polittbüro am Steindamm in St. Georg. Wie lange noch, ist allerdings zurzeit unklar. Oder wie es Politt selbst exakt formuliert: „Wenn uns die Kulturbehörde nicht mit jährlich 100.000 Euro unterstützt, müssen wir im Juli 2012 schließen.“

Bisher unterhielt Politt mit ihrem Lebensgefährten Gunter Schmidt die Bühne nahezu allein. Die „Selbstausbeutung“ habe aber „schon längst das Maß des Erträglichen überschritten“, sagt Politt.

30.000 – 40.000 Euro hat sie mit Schmidt jährlich aus dem eigenen Verdienst ins Theater gepumpt. Geld, das sie mit Produktionen ihres Kabarettduos „Herrchens Frauchen“ erspielten, mit dem Politt und Schmidt seit mehr als 25 Jahren in Deutschland touren.

Durch den Betrieb des Polittbüros fehlt dem Duo nun aber schon seit längerem die Zeit, mit ihrem Erfolgs-Kabarett die Bühne am Steindamm querzufinanzieren. Für deren Weiterbetrieb wünschen sich Politt und Schmidt daher einen Bühnentechniker, einen kaufmännischen Mitarbeiter und einen Geschäftsführer.

Zuspruch erfährt das Polittbüro dabei von allen Seiten: Der Stadtteilbeirat St. Georg hob die Bedeutung der Bühne für den Stadtteil aber auch für das Zentrum Hamburgs hervor. Prominente, vom Autor und Moderator Roger Willemsen bis zu Udo Lindenberg sprachen sich in einem Brief an Bürgermeister Olaf Scholz für die Erhaltung der Bühne aus. Und auch die Kulturbehörde spart, so darf man sagen, nicht mit Anerkennung: Die jährliche Zuwendung ans Polittbüro soll steigen, und zwar um satte 100 Prozent. Womit sie aber statt vormals 35.000 Euro nur 70.000 betragen würde.

Einen „halben Schritt in die richtige Richtung“ nennt Politt das. Und erklärt, dass der Ausgangspunkt der Unterfinanzierung ihres Hauses ein im April 2008 der Kulturbehörde vorgelegtes Gutachten zur Evaluation der hamburgischen Privattheater war, in dem das Polittbüro im Vergleich zu anderen Privattheatern erheblich schlechter bewertet wurde. Dies habe zu der Förderung von 35.000 Euro pro Jahr geführt, was lediglich einem Drittel der damals beantragten Summe entsprach. Jetzt hingegen scheinen die 100.000 Euro, exakt formuliert, nicht verhandelbar. MAP