Der Kindergarten-Coup

Trotz sinkender Kinderzahlen stellt Familienminister Armin Laschet einen Jobboom für ErzieherInnen in Aussicht. Bildungsexperten und Wohlfahrtsverbände halten diese Prognosen für „unseriös“

VON NATALIE WIESMANN

Nordrhein-Westfalen soll zum Betreuungsparadies für Kinder werden: Familienminister Armin Laschet (CDU) kündigte an, trotz zurückgehender Kinderzahlen neue Stellen für ErzieherInnen zu schaffen. „Bis 2010 können rund 8.500 dauerhafte Arbeitsplätze entstehen“, stellte er gestern in Aussicht. Und das, so Laschet, obwohl die Zahl der Drei- bis Sechsjährigen bis 2010 um fast 14 Prozent sinken werde.

Doch die vielen arbeitslosen Erzieherinnen im Land sollten sich nicht zu früh freuen, sagen Experten: Denn Laschet hat die Stellen, die im Laufe der nächsten Jahre aufgrund des Rückgangs der Drei- bis Sechsjährigen abgebaut werden sollten, schon zu den neuen Jobs dazugezählt – bleiben nur noch etwa 4.000 neue Arbeitsplätze. „Seriöses Rechnen ist nicht die Stärke von Laschet“, sagt Britta Altenkamp, familienpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Landtag.

Auch Maria Loheide, Geschäftsführerin der Diakonie in Westfalen, weiß überhaupt nicht, wie „Laschet zu solchen Prognosen kommen kann“. Denn durch die Flexibilisierung der Kita-Zeiten ab 2008 sei noch nicht abzusehen, ob Eltern für ihre Kinder 25 oder 45 Kita-Stunden buchen. „Die Einrichtungen tragen ein hohes Risiko“. Denn die Erhöhung der Kita-Beiträge könne dazu führen, dass viele der schlecht verdienenden Eltern ihre Kinder nur ein paar Stunden pro Tag in den Kindergarten schicken. „Wir rechnen damit, dass ErzieherInnen entlassen werden müssen“, sagt Loheide.

Die neuen Buchungszeiten sind Teil des neuen nordrhein-westfälischen Kinderbildungsgesetzes (KiBiz), das 2008 in Kraft tritt. Die angekündigte Qualitätsoffensive durch KiBiz ist laut Wohlfahrtsverbänden, Opposition und vieler Bildungsexperten ein Flopp. „Das ist ein Spargesetz“, sagt Norbert Müller, Vize-Chef der GEW-NRW. Denn mit den 150 Millionen Euro, die von der Landesregierung für das kommende Jahr als Mehrausgaben verkauft werden, würde nicht nur der Ausbau der Unter-Dreijährigen-Betreuung finanziert: „Auch die frühe Sprachförderung und die Finanzierung der Familienzentren müssen davon bezahlt werden“, sagt er.

Zudem müsse von dem zusätzlichen Geld das Loch gestopft werden, das den kirchlichen Trägern erlassen wird: „Allein das sind schon 110 Millionen Euro“, so Müller. Wenn man die Erhöhung der Ausgaben mit dem Geld, das seit 2004 bei Kitas gekürzt wurde, verrechne, käme unter dem Strich sogar ein Minus heraus. „Und die Gruppen sind immer noch zu groß, um individuelle Förderung zu betreiben“.