Ein Haushaltsplan, viele Kritiker

Was tun mit den Einnahmen aus der höheren Mehrwertsteuer? Die Opposition wünscht mehr Sozialleistungen. Der Finanzminister will weniger Schulden machen

BERLIN taz ■ Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) ist der Zitatekönig der Bundesregierung. Als während der Vorstellung des 267,6 Milliarden Euro umfassenden Haushalts für das Jahr 2007 die Opposition von links und rechts besonders laut krakeelte, holte Steinbrück aus seinem Repertoire einen Spruch des US-Schauspielers Jack Lemmon hervor: „Ein Erfolgsrezept gibt es nicht, wohl aber ein Misserfolgsrezept: Versuche, allen zu gefallen.“ Darin, im Nicht-Gefallen, sei die Bundesregierung ja derzeit ziemlich erfolgreich, ließ der Minister das Parlament ironisch wissen.

Der Hauptgrund für den Unmut der Opposition über den zweiten Steinbrück’schen Haushaltsentwurf ist die Art und Weise, wie die Mehreinnahmen aus der Erhöhung der Mehrwertsteuer zum 1. Januar 2007 verwendet werden sollen. Wahlweise sehen FDP, Grüne und Linkspartei in der Erhöhung der Umsatzsteuer Gift für die sich aufrappelnde Konjunktur oder einen Stoß in die Rippen bedürftiger Menschen. Deswegen solle das Geld in die Senkung der Arbeitslosenbeiträge beziehungsweise in die Aufstockung von Sozialleistungen investiert werden. Steinbrück aber möchte mit dem Geld vorrangig die Nettokreditaufnahme senken: „Man fragt eine Familie, die jahrelang Schulden gemacht hat und nun weniger Schulden macht, ja auch nicht: Und was macht ihr jetzt mit dem vielen Geld? Verreisen?“, sagte er im Bundestag. Dem Entwurf des Finanzministers nach wird sich der Bund im kommenden Jahr 16,2 Milliarden Euro weniger leihen müssen als in diesem Jahr. Den 22 Milliarden Euro an Krediten stehen 23,5 an Investitionen gegenüber.

Damit wäre der Haushalt zum ersten Mal seit längerer Zeit wieder verfassungsgemäß. Denn laut Grundgesetz müssen die Investitionen höher sein als die Kreditaufnahme. Zweiter Vorteil: Die Regierung wird so erstmals die Maastricht-Kriterien zur Neuverschuldung einhalten können. Angestrebt ist ein Wert von 2,5 Prozent. Und auch bereits dieses Jahr wird Steinbrück positive Signale nach Brüssel senden können. Dank der in Fahrt kommenden Konjunktur und steigender Steuereinnahmen seien 2,8 Prozent realistisch, so Steinbrück. „Wir werden sie nach Brüssel melden.“

Die Redner der Opposition kritisierten den Entwurf der großen Koalition scharf. „Das ist keine solide Haushaltspolitik“, sagte die Haushaltexpertin der Grünen, Anja Hajduk. FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms bemängelte, dass eine Senkung der Lohnzusatzkosten „Schnee von gestern“ sei. Der fertige Haushalt soll bis Ende November vorliegen. DOMINIK SCHOTTNER