Schmeckt nicht, gibt’s nicht

DIE FAIRE WOCHE 2010 Mit dem Motto „Fair schmeckt mir!“ rückt die Gastronomie ins Rampenlicht. Auch Konzerne kaufen fair

Die Faire Woche 2010 findet vom 13. bis 26. September statt. Im Rahmen der bundesweiten Aktionswoche finden zahlreiche Veranstaltungen von Weltläden, Aktionsgruppen, Supermärkten, Kantinen und Einzelpersonen statt. Ihr Ziel ist es, den fairen Handel in Deutschland noch stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Über 700 Aktionen sind im Kalender eingetragen. Der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ist Schirmherr der Fairen Woche. Mehr Infos: www.faire-woche.de

VON MARTIN KALUZA

Wer erinnert sich nicht an den guten alten Nicaragua-Kaffee, den Grundstein des fairen Handels! Vor rund drei Jahrzehnten erstmals verkauft, war er lange Jahre eine saure Brühe, die einzig und allein das gute Gewissen ein wenig zu versüßen vermochte. Doch die Zeiten sind vorbei. Wenn das Motto der diesjährigen Fairen Woche lautet „Fair schmeckt mir!“, dann darf man das durchaus wörtlich verstehen. Die Qualität der Produkte ist schon lange so gut, dass fairer Handel und Genuss unter einen Hut passen.

Die Faire Woche, die in diesem Jahr zum neunten Mal stattfindet, hat sich in der Branche längst als fester Termin im September etabliert. Die Organisatoren haben den Schwerpunkt der Veranstaltung dieses Mal auf Gastronomie gelegt. „Wir haben verstärkt Restaurants, Kantinen und Mensen aufgerufen, sich an den Aktionen zu beteiligen“, sagt Bettina von Reden, Sprecherin des Transfair e. V. und Koordinatorin der Fairen Woche.

Dieses Marktsegment – auch der Außer-Haus-Markt genannt – ist in den letzten Jahren stetig gewachsen. Nach Angaben des Forums Fairer Handel bieten in Deutschland 15.000 gastronomische Betriebe von der Kantine bis zur Bäckerei fair gehandelte Speisen und Getränke an. Allein im vergangenen Jahr seien 5.000 Verkaufsstellen hinzugekommen. Seit 2004 hat sich der Absatz von Fairtradeprodukten im Außer-Haus-Markt vervierfacht. Einen großen Anteil an diesem Wachstum hat fair gehandelter Biokaffee. Der mit Abstand größte Einzelabnehmer von fair gehandeltem Kaffee ist Starbucks. Die Kette stellte zeitgleich in allen europäischen Filialen das Sortiment um und brüht jetzt alle seine Espresso- und Latte-Varianten aus Fairtradekaffee.

Die Liste der Abnehmer ist lang. „Bereits vor fünf Jahren haben die Studentenwerke in Nordrhein-Westfalen konsequent auf Fairtradekaffee aus biologischem Anbau umgestellt“, sagt von Reden. Das Studentenwerk Dortmund nutzt seit Herbst 2008 außerdem nur noch fair gehandelten Zucker. Bäckereien und Konditoreien greifen häufiger auf Fairtradekaffee zurück. Die fränkische Kette Der Beck serviert in ihren 140 Filialen seit 2006 nur noch fairen Kaffee.

Das Marktsegment Gastronomie ist in den letzten Jahren stetig gewachsen

Auch in Unternehmenskantinen geht es an der Kaffeetheke fair zu. Ein Beispiel ist die Josef Witt GmbH in Weiden, ein Textilbetrieb mit 2.300 Mitarbeitern, der zur Gruppe des Versandhauses Otto gehört. Die Firma berichtet, dass sie im Jahr 1,6 Tonnen Fairtradekaffee ausschenkt. Im Gegensatz zu den Studentenwerken hat die Witt-Gruppe allerdings die Umstellung auf den fairen Kaffee zunächst nicht publik gemacht, um die unvoreingenommene Reaktion der Gäste zu testen. In den letzten Jahren seien außerdem in den traditionellen Weihnachtspaketen für die Mitarbeiter ausschließlich mit Fairtradeprodukten bestückt gewesen, etwa mit Reiswaffeln, Gummibärchen und getrockneten Mangos. Auch Großkonzerne wie VW und Henkel setzen auf fairen Kaffee.

Insgesamt boomt der faire Handel, selbst die Finanzkrise konnte ihm nichts anhaben. „Die Branche ist in den letzten Jahren jeweils zweistellig gewachsen“, sagt von Reden. Dass die Verbraucher in Deutschland im vergangenen Jahr rund 322 Millionen Euro für fair gehandelte Produkte ausgaben, bedeutete eine Verdreifachung innerhalb der letzten fünf Jahre. Die Zugpferde sind landwirtschaftliche Erzeugnisse wie Kaffee, Zucker, Reis und Fruchtsäfte. Der Non-Food-Bereich – vor allem Kunsthandwerk, aber auch Textilien oder Fußbälle – macht etwa ein Fünftel des Marktes aus.

Und ein weiterer erfreulicher Trend ist in den letzten Jahren zu beobachten. Ging es im fairen Handel gerade in den Anfangsjahren um die schiere Existenzsicherung der Produzenten, so werden immer mehr Fairtradeprodukte in nachhaltiger Landwirtschaft produziert. Bereits zwei Drittel der Produkte, die in Deutschland das Fairtradesiegel tragen, bekommen auch das Biosiegel. Zwar betonen Fairhandelsorganisationen wie Transfair e. V., dass auch die Fairtradestandards auf eine ressourcenschonende und umweltverträgliche Landwirtschaft abzielten, doch ließen sich die strengen Kriterien der Umweltsiegel nicht immer mit den Anforderungen der Sozialsiegel des fairen Handels vereinbaren. Würde fairer Handel von Anfang an mit Bio verknüpft, wären viele der ärmsten Bauern vom fairen Handel ausgeschlossen, so ein Statement des Transfair e. V. Statt nachhaltige Produktion zur Voraussetzung zu machen, werden die Produzenten bei der Umstellung gefördert.