Telekom muss die schnellen Netze öffnen

Die Regulierungsbehörde verdonnert den Konzern zu mehr Wettbewerb im Breitbandnetz. Konkurrenten können bald Internetanschlüsse unabhängig von Telefonleitungen vermarkten. So sollen die Preise sinken, hofft der Regulierer

VON TARIK AHMIA

Der Ärger für die Telekom reißt nicht ab: Die EU-Kommission und die Bundesnetzagentur wollen den ehemaligen Monopolisten verpflichten, seine schnelle Internetzugänge den Wettbewerbern stärker zu öffnen als bisher. EU-Kommissarin Viviane Reding billigte gestern einen umfassenden Regulierungsvorschlag der Bundesnetzagentur zur Öffnung des deutschen Breitband-Marktes. Wettbewerbsprobleme haben die Regulierer alarmiert, weil die Deutsche Telekom im Geschäft mit schnellen Internetanschlüssen von seiner ehemaligen Monopolmacht profitiert.

„Derzeit gibt es keinen echten Wettbewerb bei schnellen Internetanschlüssen“, so Rudolf Boll, Sprecher der Bundesnetzagentur. Die Telekom sei derzeit der einzige Marktteilnehmer, der flächendeckend die dafür notwendige Infrastruktur bereithalten kann. In einigen Großstädten haben Konkurrenten wie Arcor, Colt oder QSC zwar ein eigenes Breitbandnetz verlegt. Aber noch immer liegen 61,7 Prozent des deutschen DSL-Marktes in der Hand der Telekom. Mit dieser Marktmacht kann sie Preise und Konditionen festlegen.

So können in Deutschland schnelle Internetanschlüsse bislang nur zusammen mit einem Telefonanschluss bestellt werden. In Zukunft muss die Telekom nun nach den Vorgaben der Bundesnetzagentur Telefon und Internet entbündeln, wie es in vielen europäischen Ländern schon seit Jahren üblich ist. Dadurch lässt sich die Grundgebühr für den Telefonanschluss sparen, denn längst können auch alle Telefondienstleistungen über die Internet-Datenleitung abgewickelt werden. Der Vorschlag der Bundesnetzagentur sieht daher vor, dass Konkurrenten allein den Datenstrom mieten können. „Wir legen der Telekom auf, den IP-Bitstrom ihren Konkurrenten zugänglich zu machen“, sagt Rudolf Boll. In diesem „Bitstrom“ werden alle Daten gebündelt, die bei der Übertragung von Telefongesprächen, Fernsehprogrammen und Online-Inhalten anfallen. Damit wäre für die Verbraucher zukünftig nur noch eine monatliche Grundgebühr für die Internetleitung nötig.

Die Regulierung trifft die Telekom an einem empfindlichen Punkt, denn sie könnte das kriselnde Festnetzgeschäft weiter erschweren. Erst letzte Woche musste der Exmonopolist eine Gewinnwarnung herausgeben, weil die Festnetzsparte T-COM jeden Monat über 100.000 Telefonkunden verliert. Telekom-Sprecher Mark Nierwetberg kritisierte die Auflagen als „klassischen Fall von Überregulierung“.

„Langfristig geht es um das Riesengeschäft mit der Vernetzung von Kleinunternehmen“, sagt Jan Mönikes von der Initiative Europäischer Netzbetreiber, einem Verband von Telekom-Konkurrenten. Heimarbeit könnte durch die Bitstrom-Regelung einen Boom erleben. „Heute kann ein SAP-Buchhalter nicht von zu Hause aus arbeiten, weil die dafür nötige DSL-Leitung nur bei der Telekom zu mieten ist“, so Mönikes. Dafür verlange der Konzern etwa 300 Euro im Monat. „In England kostet die gleiche Leitung nur etwa 60 Euro.“