schaut sich in den Galerien von Berlin um

MARCUS WOELLER

Die Messe als Ort, an dem man sich mit anderen messen kann: Auch so kann die Verkaufsausstellung gedeutet werden, obwohl sich ihr Name eigentlich aus dem kirchenlateinischen missa ableitet und die römisch-katholische Abendmahlsfeier beschreibt. In den calvinistisch-protestantisch geprägten Niederlanden wird auf einer Messe aber weniger gepredigt als gehandelt. Zum Beispiel auf der gerade in das berühmte Baudenkmal der Van Nellefabriek umgezogenen Kunstmesse „Art Rotterdam“. Deren Abteilung für junge Kunst hatte drei Berliner Galerien eingeladen, ihre Positionen in den künstlerischen wie ökonomischen Wettbewerb zu stellen.

Die in Kreuzkölln beheimatete Galerie Schwarz Contemporary (Sanderstr. 28, Mi.–Sa., 11–18 Uhr, schwarz-contemporary.com) war zum ersten Mal zugelassen. Sie zeigte Arbeiten von Hannah Gieseler und konnte auch eine Bleistiftskulptur und eine flexible Installation aus Knöpfen verkaufen. Damit waren zumindest die Fixkosten wieder drin. Ein nicht unerheblicher Faktor für den Galeristennachwuchs. Auch Rolando Anselmi hatte bei seiner zweiten Teilnahme in Rotterdam Erfolg. Der Römer, der seit zwei Jahren eine Galerie in Kreuzberg (Erkelenzdamm 11–13, Mi./Fr., 15–19 Uhr, rolandoanselmi.com) betreibt, präsentierte hauchdünne, abstrakte Polyesterhäute von Tolia Astali und Dylan Peirce, die gleichfalls Käufer fanden, sowie Siebdrucke des französisch-georgischen Künstlerduos. Die Future Gallery (Mansteinstr. 3, Do.–Sa., 13–17 Uhr, futuregallery.org) war mit Drucken und orthopädischen Schaumstoffskulpturen von Nicolas Pelzer angereist und Grimmuseum (Fichtestr. 2, Mi.–Sa., 14–18 Uhr, grimmuseum.com) zeigte eine Installation von Ada Van Hoorebeke.

Das künstlerische Kräftemessen fand in der New Art Section unter annähernd gleichen Bedingungen statt. In den identischen Messekojen durften die Galerien nur Einzelpräsentationen zeigen. Ausgesucht wurden die 25 Teilnehmer vom Museum Witte de With. Solch enge Zusammenarbeit mit der Institution für zeitgenössische Kunst ist schon ein Gewinn für die jungen Galeristen. Die Gelegenheit, Kontakte zu Kollegen, Künstlern, Kuratoren und Sammlern zu knüpfen, zahlt zwar noch keine Standmiete, motiviert und trainiert aber für die branchenüblichen Behauptungskämpfe, die umso härter werden, je weiter man in der Hackordnung steigt. Auf den Messezirkus kann jedenfalls niemand verzichten, solange auf der eigentlich anachronistischen Verkaufsplattform noch potenzielle Abschlüsse locken. Ein eben doch weniger ästhetischer als existenzieller Verdrängungswettbewerb.