KUNST

schaut sich in den Galerien von Berlin um

MARCUS WOELLER

Die Zelte gegenüber – Francesco Clemente hatte sie im Herbst in der Galerie Blain Southern errichtet, um seiner Liebe zu Indien Ausdruck zu verleihen – sind gerade erst wieder abgebaut. Da macht sich schon die nächste Zeltstadt breit, nun in der philippinischen Variante. Scheint ein neuer Trend zu werden … Die Künstlerin Geraldine Javier wurde 1970 in Manila geboren, sie lebt und arbeitet in der benachbarten Universitätsstadt Quezon. Fünf Zelte hat sie im großen Saal der Galerie Arndt installiert, die zusammen eine surreale Atmosphäre verbreiten. Die Zeltrückwände sind jeweils außen bemalt, im Inneren liegen Blätter verstreut, wuchern Pflanzen, warten Hasen, verwesen Kadaver. Was hier erzählt wird, ist kaum zu entschlüsseln. Wie in einem Tagtraum verarbeitet die Künstlerin hier wohl persönliche Erfahrungen, Wünsche und Schrecknisse. Javier irritiert nicht nur mit der realistischen Malerei, sondern auch mit ihren Handarbeitsqualitäten. Einen Baum überwuchern Moose und Flechten. Doch alles ist aus Garn gestrickt und gehäkelt. Mit diesem Hang zur Mimikry gestaltet sie auch Tierkörper und Objekte. Sie bestickt die Zeltbahnen und legt geheimnisvolle Fährten aus. Etwa in die Kunstgeschichte. Wenn sie Gauguin zitiert und dessen malerische Ausbeutung seines tropischen Exils oder sich von Allegorien des Barock inspirieren lässt. Aber auch in die Wirklichkeit mit Alltagsängsten und politischen Einschränkungen. Javiers globalisierte Herangehensweise an die Kunst ist eine Entdeckung auf der Berliner Bühne! („Stuck in Reverse“, bis 25. Januar, Di.–Sa., 11–18 Uhr, Potsdamer Str. 96) Roman Signer ist auch immer noch stark. Auch wenn man sich die gewohnten Fehlschläge, die seine Skulpturen aus der Bahn werfen, in der Galerie Barbara Weiss denken muss. Dann aber explodiert es trotzdem. Eine Champagnerflasche ist über einen Schlauch mit einem Glas verbunden. Doch wenn der Korken erst mal knallt, dürfte es mit dem Einschenken nichts mehr werden. Auch der Rasenmähermotor, der wie ein Roboter selbstständig über eine „Versuchsanlage“ tuckern könnte, würde unweigerlich seinem Schicksal entgegengehen. Doch wie immer, bei Signer liegt die Hoffnung im Humor. Fiele der Motor durch das Loch, landete er weich auf einer Matratze. Auch mit dem auf Skier montierten Propeller könnte man viel Spaß haben. Doch Ereignisse lässt Signer in unserer Fantasie stattfinden und nicht in der Realität. Aber in einem unbeobachteten Moment sucht man dennoch unwillkürlich nach dem Knopf, mit dem man seine neuen Skulpturen in Aktion setzen kann. (bis 15. Februar, Di.–Sa., 11–18 Uhr, Kohlfurter Str. 41/43)