Festgefroren vor der Antarktis

EIS Ein russisches Forschungsschiff mit 52 Passagieren an Bord steckt im Packeis fest. Zwei Eisbrecher aus China und Australien bemühen sich bisher vergeblich im die Rettung

„Nur das Bier wird langsam knapp“

EXPEDITIONSARZT ANDREW PEACOCK ZUR LAGE DER PASSAGIERE AN BORD DER „AKADEMIK SCHOKALSKIY“

VON SVEN HANSEN

BERLIN taz | 74 Menschen an Bord des seit Weihnachten in der Antarktis festsitzenden Schiffes „Akademik Schokalskiy“ müssen weiter auf Hilfe warten. Bisher scheiterten zwei Versuche, das Schiff mit Eisbrechern zu befreien. Der jüngste Plan, alle 52 Forscher und Touristen aus Australien, Neuseeland und Großbritannien mit einem Hubschrauber zuerst etappenweise an Bord eines chinesischen Eisbrechers und von dort zu einem australischen Schiff zu bringen, konnte wegen Nebels und Schnee nicht umgesetzt werden. Dies teilte die australische Schifffahrtsbehörde Amsa mit. Für Donnerstag ist ein nächster Versuch geplant.

Das russische Forschungs- und Passagierschiff „Akademik Schokalskiy“ sitzt seit dem ersten Weihnachtstag im Eis fest, rund hundert Seemeilen östlich vom französischen Stützpunkt Dumont d’Urville und 2.800 Meilen südlich von Hobart in Australien. Der Kapitän musste Hilfe anfordern, weil sein Schiff aus eigener Kraft nicht mehr aus der Eisdecke kam. Es war auf der Route des Polarforschers Douglas Mawson unterwegs, der die Region vor einhundert Jahren erkundet hatte. Das Schiff war bereits auf dem Rückweg nach Neuseeland, als an Heiligabend das Wetter plötzlich umschlug und scharfer Ostwind dickes Eis in die Bucht trieb.

Drei Schiffe – je eines aus Frankreich, China und Australien – boten ihre Hilfe an. Von denen schien der mit einem Helikopter ausgestattete chinesische Eisbrecher „Xue Long“ („Schneedrache“) zunächst am aussichtsreichsten zu sein. Er kam zwar bis auf Sichtweite an das festsitzende Schiff heran, doch betrug der Abstand noch immer 6,5 Seemeilen. Die Chinesen mussten den Bergungsversuch abbrechen, weil die „Xue Long“ selbst im Packeis festzufrieren drohte.

Während die französische „L’Astrobe“ als schwächstes Schiff der drei potenziellen Helfer schon früh abdrehte, ruhten die Hoffnungen zuletzt auf der australischen „Aurora Australis“. Dieses Schiff kann von den dreien die dicksten Eisschollen knacken. Eisbrecher schieben sich aufs Eis und zerbersten es mit ihrem Gewicht. Bei drei Metern Eisdicke ist jedoch auch für die „Aurora Australis“ Schluss. Am Dienstag musste das Schiff aufgeben, 16 Seemeilen vom russischen Schiff entfernt. An Bord der festsitzenden „Akademik Schokalskiy“ soll die Stimmung noch gut sein. Lebensgefahr besteht bisher nicht.

Die Vorräte reichen noch für mehrere Wochen. Der Expeditionsarzt Andrew Peacock sagte der Agentur AFP per Satellitentelefon: „Nur das Bier wird langsam knapp.“