Die kleine Wortkunde

Warum lebt man(n) als Mensch monogam, wo doch so viele Tiere polygam sind? Diese Frage beschäftigt nicht nur Stammtische und Ehemänner in der Midlife-Crisis, sondern auch Wissenschaftler. Zwei britische Forscher-Teams haben die Ursache für die MONOGAMIE gewisser Primatenarten untersucht. Resultat 1: Da die Partnersuche sehr aufwändig ist, bleiben Männchen gleich beim einmal gefundenen Weibchen. Resultat 2: Durch einen mitsorgenden Vater werden rivalisierende Männchen von Kindstötungen abgehalten. Das ermöglicht eine lange Kindheit und die Entwicklung eines komplexen Gehirns, ergo: Monogamie gleich Menschwerdung. Monogamisten jubeln: Der Sinn ihrer Lebensweise wurde wissenschaftlich erwiesen!

Monogamie (lebenslange exklusive Fortpflanzungsgemeinschaft zwischen zwei Individuen) wurde vom lateinischen „monogamia“ entlehnt, das sich aus den griechischen Wörtern „mónos“ (allein, einzig, ein) und „gámos“ (Ehe) ableitet. Der Begriff „Ehe“ (gesetzliche oder kirchliche Verbindung zweier Personen) geht auf das germanische „aiwæ“ (Sitte, Recht, Gesetz) zurück.

Das Weibchen kümmert sich um die Kinder, Individuen einer Rasse paaren sich nur untereinander, und der Stärkere überlebt – der Tiervergleich ist so etwas wie der kleine Bruder des Nazi-Vergleichs. In jeder Diskussion taucht er irgendwann auf, biologistisch, sexistisch, sozialdarwinistisch.

Warum muss das Tierreich rechtfertigen, warum der Mensch ist, wie er ist (oder sein sollte)? Monogamie und Ehe sind Sitte und Gesetz – also menschengemacht. Wer ständig das Bedürfnis verspürt, sein Verhalten übers Tierreich zu erklären, dem kann man nur dringend empfehlen, besonders die Lebensweise von Eseln und Ochsen genau zu studieren. ERIK WENK