männerland nrw
: Machtgefälle überbrücken

Frauenrechte setzen sich nicht wie ein Naturgesetz in der Gesellschaft durch. Nordrhein-Westfalen beweist gerade: Auf allen Ebenen ist der Rollback schon da, stagnieren die Chancen für Frauen auf gute Jobs und Macht im Lande. Die Gehaltsunterschiede sind gestiegen, die Hartz-Gesetze sind für Alleinerziehende besonders hart, in der Kernregion Ruhrgebiet ist die Arbeit so ungerecht verteilt wie in keinem anderen Winkel der Republik. Und die Landesparteien leisten sich das männlichste Parlament in ganz Europa: Nur jedeR neunte Abgeordnete der Christdemokraten ist weiblich. Da wundert es nicht, dass Landeschef Jürgen Rüttgers auch noch einen Mann zum Frauenminister ernannte.

KOMMENTAR VON ANNIKA JOERES

In den kommenden Jahren wird der Rollback in NRW einen weiteren Sprung machen, angefüttert durch die einseitigen Kürzungspläne der konservativen Regierung. Frauenhäuser, Anlaufstellen für misshandelte Frauen werden bis zum Exitus gekürzt. Sie gelten CDU und FDP als unsinniges Klimbim. Vor einer Woche erst kündigte das Land das Aus der Koordinationsstelle Frauen und Gesundheit an. Sie förderte eine Medizin, die nach jahrhundertelangen Forschungen am Mann die Unterschiede männlicher und weiblicher Organismen berücksichtigt. In Zukunft werden in NRW wieder Männermedikamente in Frauenkörper gepumpt.

NRW ist nicht verloren. Es kann von den hinteren Rängen wieder aufsteigen: Schon heute sind die großen regionalen Unterschiede in Nordrhein-Westfalen weder mit dem Zufall noch der Geschichte zu erklären. Warum waren im letzten Landtagswahlkampf in Ostwestfalen-Lippe 50 Prozent aller SPD-Nominierten weiblich, im märkischen und im Ennepe-Ruhr-Kreis hingegen alle Plätze an Männer vergeben worden? Warum sind in NRW nur halb so viele Frauen in Top-Jobs wie in den Ost-Bundesländern? Das sind keine Naturereignisse, sondern von der Politik produzierte Machtgefälle – und wieder umkehrbar.