Barroso legt Wirtschaftsplan vor

EUROPA Der EU-Kommissionspräsident will den Mitgliedstaaten konkrete Fortschritte vorgeben. In zehn Jahren sollen 75 Prozent der Arbeitsfähigen eine Stelle haben

Die Vorschläge sollen mindestens 2 Prozent Wirtschaftswachstum bringen

AUS BRÜSSEL DANIELA WEINGÄRTNER

Würde die vor zehn Jahren beschlossene Lissabon-Strategie der Europäischen Union halten, was sie verspricht, wäre die EU 2010 zum innovativsten, wachstumsstärksten Jobmotor der Welt geworden.

Die Wirklichkeit sieht anders aus – und so will Kommissionspräsident Manuel Barroso mit seiner am Mittwoch vorgestellten neuen „Strategie 2020“ alles besser machen. Sein Rezept: wenige messbare Ziele, unterschiedliche nationale Wege und eine enge Unterstützung und Kontrolle durch Brüssel.

Die Zauberworte heißen „intelligentes Wachstum“, Nachhaltigkeit und soziale Integration. Als messbare Ziele gibt die EU-Kommission vor, dass in zehn Jahren 75 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung zwischen 20 und 64 Jahren einer bezahlten Arbeit nachgehen soll. 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts sollen für Forschung und Entwicklung ausgegeben werden. Die Zahl der Schulabbrecher soll unter 10 Prozent sinken, während 40 Prozent eines Jahrgangs einen höheren Schulabschluss erwerben sollen. Von den 80 Millionen Menschen, die derzeit in der EU unter der Armutsgrenze leben, sollen 20 Millionen bis zum Ende des Jahrzehnts den Weg aus der Armut gefunden haben.

Barroso ist optimistisch, dass seine neue Strategie mehr wird als bedrucktes Papier. In den Mitgliedstaaten habe die Wirtschaftskrise dafür gesorgt, dass die Idee einer europäischen Wirtschaftskoordinierung nicht mehr ablehnend gesehen werde. Die neuen Regeln für die Entscheidungsfindung innerhalb der EU enthalten außerdem mehr Möglichkeiten, den Mitgliedstaaten wirtschaftspolitische Empfehlungen zu machen und auch ohne Zustimmung des Rates Frühwarnungen auszusprechen, wenn etwas falsch läuft. Davon hat die Kommission im Fall Griechenland bereits Gebrauch gemacht. Es sei sinnvoll, Stabilitäts- und Wachstumsfragen parallel zu behandeln, glaubt Barroso. Die Prozeduren seien aber bei der Wirtschaftskoordinierung andere als beim Stabilitäts- und Wachstumspakt.

Mindestens 2 Prozent Wirtschaftswachstum erhoffen sich die Kommissionsexperten von den neuen Vorschlägen. Im EU-Parlament stoßen sie parteiübergreifend aber auf wenig Begeisterung. „Eine schnelle Sanierung der Haushalte auf Kosten des positiven Effekts, den steuerliche Anreize hätten, ist kontraproduktiv“, sagte der Sozialist Poul Rasmussen. Seine Partei verlangt eine Strategie, die den Wohlfahrtsstaat schützt und einen sozialverträglichen Übergang in die neue kohlenstoffarme Wirtschaft ermöglicht.