„Die Fiktion wird intensiviert“

KRANKHEIT Der Regisseur Arnd Heuwinkel inszeniert in einem Krankenhaus

■ studierte angewandte Theater- und Medienwissenschaften in Hildesheim. Arbeitet seit 1989 als Schauspieler, Auftritte am St.Pauli Theater und am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg. 2008 Regie bei den Heersumer Sommerfestspielen. FOTO: ANDREAS HARTMANN

taz: Herr Heuwinkel, Sie inszenieren in einem verlassenen Trakt des Hildesheimer Klinikums. Was hat der Spielort mit Ihrem Stück zu tun?

Arnd Heuwinkel: Die Handlung findet im Krankenhaus statt. Die Bühne ist als Krankenzimmer gestaltet. Die reale Umgebung – das Klinikum mit seiner Atmosphäre und seinem Personal – intensiviert die Fiktion. Das Publikum ist so sehr, sehr viel näher am Geschehen.

Krankheit ist ein breites Thema. Was ist Ihr Zugang?

Wir erzählen die Geschichte einer Krankheit über die Parabel einer Bergbesteigung. Unser Held wird ins Krankenhaus eingewiesen und weiß zunächst nicht, was mit ihm nicht stimmt. In seiner Ohnmacht wendet er sich einem Buch über eine Bergbesteigung zu. Die Geschichte seiner Krankheit und die der Bergbesteigung vermischen sich im Lauf der Handlung.

Hoffen Sie, dass sich Patienten des Krankenhauses in der Geschichte wiederfinden?

Ich gehe davon aus, dass sich die meisten Krankenhausbesucher in der Ohnmacht wiederfinden, der unser Held ausgesetzt ist. Viele Patienten fühlen sich im Systems Krankenhaus irgendwann nur noch als Spielball ohne Einflussmöglichkeiten auf das eigene Schicksal.

Üben Sie auch Kritik am „System Krankenhaus“?

Wir geben keine Stellungnahme ab. Wir beschreiben Zustände. Aber daraus lässt sich natürlich auch Kritik ablesen.

Ihr Held ist am Schluss der Handlung genesen. Viele Schwerkranke kommen nicht über den Berg. Wird der Tod auch thematisiert?

Der Tod wird vor allem als Angst vor dem Tod thematisiert. Wir wollten kein Drama machen, sondern ein Stück, das einen anderen Zugang zum Thema findet. So fanden wir es auch wichtig, die positiven Aspekte einer Krankheit aufzuzeigen: die Entschleunigung, das Selbstreflektieren und im besten Fall einen neuen Aufbruch.

Ein zentrales Thema bei Krankheiten ist das Leiden. Haben Sie dafür Bilder gefunden?

Es gibt keine Schreie und kein Blut, nichts Bildliches. Das Leid wird viel eher über das Ohnmachtgefühl unseres Helden transportiert. Aber auch die Sehnsucht fungiert als Träger für das Leiden, das er empfindet. So hat er ein Bild seines Kindes bei sich, das ihn an die Welt außerhalb des Krankenhauses bindet.

INTERVIEW: JOHANN TISCHEWSKI

Premiere: Sonntag, 14. 2., 19 Uhr, Klinikum Hildesheim, Haus 22