Familienversorgung in Bayern immer umfangreicher

CLANWIRTSCHAFT Auch ein Gutteil des bayerischen Kabinetts hat enge Verwandte im Büro beschäftigt

CSU-Fraktionschef Schmid gab seinen Rückzug aus der Politik bekannt

MÜNCHEn afp/taz | Die Hoffnung des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU), die Vetternwirtschaftsaffäre im bayerischen Wahlkampf schnell vom Tisch zu bekommen, erfüllt sich nicht. Am Donnerstag bestätigten mehrere Mitglieder der bayerischen Landesregierung, auch sie hätten enge Verwandte in ihren Büros beschäftigt. Insgesamt sechs christsoziale Kabinettsmitglieder sind laut dem Bayerischen Rundfunk betroffen.

Bayerns Landwirtschaftsminister Helmut Brunner erklärte, dass er von Anfang 2000 bis Ende 2009 seine Frau als Bürofachkraft beschäftigt hatte. Er habe ihr bis zu 919 Euro netto pro Monat gezahlt und ihr nach seiner Ernennung zum Minister gekündigt.

Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) bestätigte dem Bayerischen Rundfunk, dass von Anfang 2010 bis Februar dieses Jahres ihre Schwester als selbstständige Unternehmerin ihre Homepage betreut hatte. Merk betonte, dass ihr vom Landtagsamt explizit bestätigt worden sei, dass „die Zusammenarbeit mit Verwandten 2. Grades erlaubt ist“.

Außerdem beschäftigte auch Kulturstaatssekretär Bernd Sibler (CSU) Verwandte. Er bestätigte, dass er zuerst seine Mutter und später seine Frau angestellt hatte. Zusätzlich zu diesen neu bekannt gewordenen drei Mitgliedern des Seehofer-Kabinetts war bereits bekannt, dass Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) sowie die CSU-Staatssekretäre Franz Pschierer (Finanzen) und Gerhard Eck (Innen) ihren Frauen aus dem Steuersäckel bezahlte Jobs gegeben hatten.

Dies ist seit dem Jahr 2000 in Bayern verboten. Ausnahme sind Altverträge, die schon damals bestanden. Aufgedeckt hat diese Praxis der „Altverträge“ der Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim in seinem Buch „Die Selbstbediener“. Mitte April entstand daraus die öffentliche Aufregung, die Seehofer dadurch zu beenden suchte, dass er auch die Altverträge-Praxis sofort verbot.

Die Affäre führte bereits zu mehreren personellen Konsequenzen. CSU-Landtagsfraktionschef Georg Schmid hat mittlerweile seinen vollständigen Rückzug aus der Berufspolitik bekannt gegeben. Schmid, der seine Frau für bis zu 5.500 Euro pro Monat als Bürokraft beschäftigt hatte, kündigte nach dem Rücktritt als Fraktionschef am Mittwoch auch den Verzicht auf eine erneute Landtagskandidatur an.

Außerdem gab der CSU-Abgeordnete Georg Winter den Posten als Chef des Haushaltsausschusses des Landtags auf.