ORTSTERMIN: SNOWBOARDEN AM KAROSTAR
: Schanzenspringen im Schanzenviertel

Die Münchner Eisbachwelle ist eine Attraktion für Surfbegeisterte aus aller Welt. Hoch im Norden, in Hamburg, mangelt es nicht an Wasser, sondern an Bergen. Da kann man sich Abhilfe schaffen, dachten sich Kai Dietrich, Sebastian Fritzsche und Ben Pohl.

Der Platz vor dem Karostar am alten Schlachthof ist einer der urbansten Orte Hamburgs. Er verbindet das Karolinenviertel mit dem Schanzenviertel. In der Nacht zum vergangenen Sonntag versammelten sich hier rund zwanzig junge Leute, bewaffnet mit Schaufeln, Schneeschiebern und Bier.

Am nächsten Tag bietet sich den Passanten ein ungewohntes Bild: die Treppe am Kopfende des Platzes ist zum Drittel mit Schnee bedeckt. Es ist eine kurze Abfahrt mit Sprungschanze entstanden. Gegen Mittag treffen die ersten Snowboarder ein, auch Schlittenfahrer sind schnell zugegen. Alte Weihnachtsbäume markieren die Absperrung zur Piste. Warme Getränke gibt es umsonst. Langsam füllt sich der Platz mit Zuschauern.

Kai, Sebastian und Ben studieren an der Hafen City Universität (HCU) das Fach Urban Design, das früher einmal Stadtplanung hieß. Ihnen ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass ihre Aktion auch einen akademischen Anspruch hat. „Die Grundidee ist, Möglichkeiten der spontanen Aneignung öffentlichen Raums zu untersuchen“, erklärt Kai.

Ob sie die Ergebnisse ihrer Feldstudie allerdings wirklich auf ihrer Uni einbringen können, lässt sich bezweifeln. Kurz nachdem sie über den E-Mail-Verteiler der Universität ihr Vorhaben bekannt gemacht hatten, hat sich das Präsidium der HCU dazu genötigt gesehen, darauf hinzuweisen, dass es mit der Aktion nichts zu tun habe. Über Facebook, Twitter und Myspace wurde das Vorhaben jedoch schnell auch außerhalb der Universität bekannt.

Tobias Kimmich fährt mit Schuss die kurze Bahn runter springt über eine kleine Nebenschanze und landet auf einer Eisenschiene, auf der er ein Stück entlang rutscht bevor er samt seines Snowboards wieder im Schnee landet. „Es war wohl der Backside 180° out, der die Jury überzeugt hat“, sagt er. Er konnte sich den ersten Platz beim ersten Hamburger Citysnowboard Contest erkämpfen. „Ja, es war schon schwer mich gegen die Konkurrenz durchzusetzen“, scherzt hingegen Jörg Angeli, „aber ich war einfach der Beste.“ Als einziger Skiläufer hatte Jörg leichtes Spiel den ersten Platz in der Kategorie Ski zu erringen.

Auch für die beste Schlittenfahrt wurde ein Preis verteilt. Wobei Schlittenfahren heute ein weit gefasster Begriff ist. Auf allem, was irgendwie nach unten rutscht wird den künstlichen Berg runtergerast: Plastikwannen, Badereifen und Einkaufstüten. Am Abend sind Kai, Sebastian und Ben rundum zufrieden.

In den nächsten Wochen werden sie dann aus dem heute entstandenen Videomaterial einen Kurzfilm schneiden, um Gelder für weitere Projekte eintreiben. Für die nächste Aktion hoffen die drei auf mehr Einnahmen durch Spenden. „Vorstellbar wäre dann zum Beispiel ein Fahrradrennen durch den Elbtunnel“, sagt Kai. Und dabei denke er nicht unbedingt nur an den alten Elbtunnel. JOHANN TISCHEWSKI