Protest der Gewerkschaften: Aufstehen gegen das Klima

Gewerkschaften protestieren gegen das Aus für Kohlekraftwerke. Das Emissionsziel sei „nicht in Stein gemeißelt“, heißt es.

Das Kohlekraftwerk Mehrum in Niedersachsen Bild: dpa

BERLIN taz | Vier deutsche Gewerkschaften mit insgesamt mehr als drei Millionen Mitgliedern machen Front gegen die Klimaschutzziele der Bundesregierung. In einer Unterschriftenaktion, die von der IG Bergbau, Chemie und Energie (IGBCE) organisiert wird, fordern sie „bezahlbaren Strom und gute Arbeitsplätze“. Die IGBCE warnt mit dem Slogan „Nicht an unsere Kohle!“ vor „allen Plänen, kurzfristig und kurzsichtig Kraftwerke vom Netz zu nehmen“, und „einer verfehlten Klimaschutzlogik Arbeitsplätze zu opfern“.

Die Breitseite der Gewerkschaften kommt wie bestellt in eine Debatte innerhalb der Regierung, ob und wie das Klimaziel zu erreichen ist. Offizielle Beschlusslage: 40 Prozent weniger Treibhausgase als 1990 bis 2020. Doch mit den bisherigen Maßnahmen schafft Deutschland nur 33 bis 35 Prozent. SPD-Umweltministerin Barbara Hendricks hat deshalb erklärt, man werde auch „Kohlekapazitäten abbauen müssen“. Das ist nach mehreren Gutachten auch dem zuständigen Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel klar, im Nebenjob SPD-Vorsitzender und Mitglied der IG Metall.

Gegen solche Kraftwerksschließungen wehren sich nun die Gewerkschaften. Nach IGBCE-Angaben werben auch die IG Metall, die IG BAU und die Eisenbahner-Gewerkschaft EVG für die Unterschriftenliste. Für IGBCE-Sprecher Christian Hülsmeier ist das offizielle „40-Prozent-Ziel nicht in Stein gemeißelt“. Ob das „ein paar Jahre früher oder später erreicht wird, ist doch nicht so wichtig“, sagte Hülsmeier gegenüber der taz. Ähnlich denkt Jochen Homann, der Chef der Bundesnetzagentur, einer Behörde des Wirtschaftsministerium. Bei einer Veranstaltung des Tagesspiegels in Berlin sagte er am Dienstag, es sei „debattierwürdig, ob das Ziel nicht falsch gesetzt sei“. Auch er fragte, ob es „dramatisch“ sei, wenn das Ziel von 40 Prozent nicht 2020, sondern erst 2025 erreicht würde.

Das Gerücht, die Regierung plane eine Veränderung des Klimaziels, war am Wochenende – pünktlich zu den neuen Warnungen des Weltklimarats – aufgekommen und heftig dementiert worden. Hendricks bekannte sich ausdrücklich zu den 40 Prozent. Die Regierung hat sich unter Druck gesetzt, denn am 3. Dezember will sie einen Plan beschließen, wie das Ziel zu erreichen ist. Eine Woche später fliegt dann Umweltministerin Hendricks zur Klimakonferenz nach Lima in Peru. Sollte Deutschland dort mit einem aufgeweichten Klimaziel landen, würde das „die Rolle Deutschlands vor dem wichtigen Jahr 2015 untergraben“, warnte Klimaexperte Christoph Bals von der Entwicklungsorganisation Germanwatch.

Zur Aktion der Gewerkschaften meinte er, es gehe nicht darum, den Kohlekumpeln den Schwarzen Peter zuzuschieben. „Aber mit ihrer Fundamentalopposition verschenkt die IGBCE eine Chance für ihre Mitglieder. Bei einer seriösen Auseinandersetzung darüber, die notwendige Transformation sozialverträglich zu gestalten, hätte sie uns an ihrer Seite.“ Wer die Lücke zur Zielerreichung kleinrechne oder Ziele nach hinten schiebe, dränge „sich selber in die Ecke von Klimakillern“.

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