Boom bei freien Theatern: Mehret euch, ihr Bühnen

In der Überseestadt eröffnen binnen kurzem gleich zwei feste Theater mit Revue und Varieté-Programm. Das eine gibt sich mondän, das andere rustikal.

So baut man heute: Das GOP Varieté-Theater, Tür an Tür mit einem Hotelneubau. Bild: GOP

Es ist ein bisschen wie im Zirkus. Nur eben gediegener. Und so sitzt man in plüschigen Stühlen und dunklen Ledersofas, an kleinen, mit dunklem Holz vertäfelten Tischchen mit Orchidee und Kerzenlicht darauf, dazu ein Ober, der Häppchen und Getränke an den Platz serviert. Keine Schnäppchen zwar, aber man wollte sich ja mal was gönnen heute, hier in der Überseestadt.

Auch draußen ist das Ambiente im neuen GOP Varieté-Theater schick: Im Schatten des Weser-Towers schreiten die Gäste über den roten Teppich in den mit Kupfer verkleideten Quader und weiter über eine große Freitreppe mit Weserblick ins Obergeschoss. Gleichwohl herrscht hier die emotionslose Strenge zeitgenössischer Architektur vor. Weswegen sich das GOP auch optisch nahtlos in das gleich nebenan gelegene und ebenfalls jüngst eröffnete Vier-Sterne-Hotel einfügt. Und auch in alle anderen Häuser drumherum, die die Firma Siedentopf im neuen Geschäftsquartier am ehemaligen Weserbahnhof baut. Nur für Wohnen ist hier kein Platz.

„Wir wollen frische Akzente in der Bremer Kulturszene setzen“, sagt GOP-Direktor Dennis Grote, ein 25-jähriger Eventmanager. Er ist Spross einer Gastronomenfamilie, die auch in Hannover, Essen, Bad Oeynhausen, Münster und München ähnliche Theater betreibt. GOP leitet sich übrigens vom Georgspalast in Hannover ab, der ersten Spielstätte. Und das Familienunternehmen ist offenbar erfolgreich: Nach eigenen Angaben hat es 700 MitarbeiterInnen und 700.000 Gäste im Jahr. In Bremen, wo sie vier Millionen Euro investierten, arbeiten 100 Leute, erwartet werden 100.000 BesucherInnen im Jahr.

Die Bremer haben eine Vorliebe für das Varieté, glaubt Grote, und verweist auf das Straßenzirkusfestival „La Strada“. Zum Vergleich: Ins Theater am Goetheplatz kamen vergangenes Jahr 150.000 BesucherInnen. Grote spricht von „überwältigenden Ticketverkäufen“ und davon, dass im September nur noch vereinzelt Tickets zu haben sind. 370 Gäste fasst der Saal, reguläre Tickets kosten mindestens 25 Euro.

Die erste, rund zweistündige Show heißt „Glanzlichter“ und läuft bis Ende November. Sie besticht vor allem durch brillante Artistik auf hohem Niveau, wunderbare, eindrucksvolle Akrobatik und ein paar liebenswert poetische Momente. Die Musik indes kommt vom Band, sieht man mal von den Musikclowns ab, die leider einen Hang zu zotig-derben Witzen haben. Und der Zauberer ist zwar als solcher sehr gut, doch im Nebenberuf als Moderator erinnert er bisweilen sehr an einen dieser Verkäufer beim Teleshopping. Natürlich muss auch das Publikum in der ersten Reihe einbezogen werden, manchmal ein wenig zu zwanghaft. Aber die echten Glanzlichter der Show vermögen das aufzuwiegen.

Bald schon wird das GOP Konkurrenz bekommen – und zwar ebenfalls in der Überseestadt. In der Alten Stauerei am Speicher XI eröffnet am 31. Oktober das „Hafen Revue Theater“. Dahinter stehen Claudia Geerken und Ulrich Möllmann, die zusammen 2001 die „vokalartisten musikrevue“ gründeten. Mittlerweile besteht das Ensemble aus 30 DarstellerInnen und sechs PianistInnen, die ursprünglich meist aus dem Musicalbereich kommen, und sich zuletzt zunehmend auf Chanson und Kabarett verlagert haben. Zusammen haben sie mehrere CDs eingespielt und zwölf eigene Shows auf die Beine gestellt, die im In und Ausland laufen. Und bald auch im „Hafen Revue Theater“, das zunächst mit zwei Abenden im Monat startet, mit vier Shows, von denen eine neue konzipiert ist: Sie dreht sich um den Hafen, die Fünfzigerjahre. Möllmann verspricht ein „vollwertiges und anspruchsvolles“ Theater. Aber wo das GOP auf schiere Größe setzt, will man es hier „kuschelig-rustikal“ haben. Und so wird es auch nur 90 Plätze geben, zum Preis von 18,50 Euro.

Und das GOP? „Ist keine Konkurrenz“, sagt Möllmann, ebenso wenig wie das Theaterschiff mit seinem Boulevard-Theater oder das mehr auf Comedy spezialisierte „Fritz“ – „ganz im Gegenteil“. Das Hafen Revue Theater setze vor allem auf „Gesang mit tollen Geschichten“, sagt Möllmann. Und auf „bodenständige Hemdsärmligkeit“. Und beides fehlt ja im GOP weitgehend.

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