Lobbyismus gegen die Atomsteuer: Eon „droht“ mit Atomausstieg

Der Konzern jammert: AKWs rechneten sich kaum – wegen niedriger Börsenpreise und der Kernbrennstoffsteuer. Tatsächlich verfolgt er ein anderes Ziel.

Bluff? Der Atomkonzern Eon jammert AKWs sein nicht mehr profitabel. Hier: Das Kraftwerk Datteln IV. Bild: dpa

BERLIN taz | Niemand redet davon, ein Atomkraftwerk vorzeitig vom Netz zu nehmen. Darauf pocht Eon derzeit besonders. Allerdings klagt der Stromkonzern, dass sich seine Kraftwerke nicht mehr rechnen – auch und gerade die atomaren. „Wir können die laufenden Kosten noch decken. Geld verdienen die Kernkraftwerke momentan überwiegend für die Staatskasse“, sagt Eon-Vorstand Mike Winkel. Und: „Wir überprüfen laufend die Wirtschaftlichkeit unserer Kraftwerke, auch der Kernkraftwerke.“

Die Staatskasse verdient tatsächlich mit den Atomkraftwerken – und zwar über die Kernbrennstoffsteuer. Anfang 2011 eingeführt, war sie dafür gedacht, die Milliarden-Zusatzgewinne der Atomkonzerne abzuschöpfen, die sie dank der damals noch gültigen Laufzeitverlängerung für AKWs erzielen sollten. Dann kamen der Fukushima-GAU und der erneute Atomausstieg, aber die Steuer – zunächst waren Einnahmen in Höhe von 2,3 Milliarden Euro jährlich geplant – blieb.

Jetzt sind die Preise an der Strombörse auf einem historischen Tief angekommen, weil immer mehr geförderter Strom aus erneuerbaren Quellen das Angebot steigert und die Wirtschaftskrise in Europa die Nachfrage schrumpfen lässt. Atomkraftwerke lohnten sich deshalb und wegen der Steuern nicht mehr – behauptet Eon. Prüfen lässt sich das nicht, weil der Konzern die Bilanzen einzelner Kraftwerke nicht offenlegt.

Offenbar versuchen die AKW-Betreiber gerade, die ungeliebte Steuer wieder loszuwerden. „Wir erleben momentan, wie die Politik unter Druck gesetzt wird, die Kernbrennstoffsteuer abzuschaffen“, sagt der Chef der Bundesnetzagentur, Joachim Homann. „Das ist eine Debatte, wie ich sie mir nicht vorstelle.“

Bereits im Sommer zitierte die Süddeutsche Zeitung einen Atommanager, der von einer möglichen vorzeitigen Stilllegung von Meilern sprach – allerdings anonym. Die klassische Methode, um sich mit einer Forderung langsam in die Öffentlichkeit vorzutasten.

Die Bundesnetzagentur unter Druck setzen

Das Szenario könnte, wie folgt, aussehen: Eon, EnBW oder RWE kündigen an, ein AKW aus wirtschaftlichen Gründen vorzeitig stillzulegen, und zwar bevor die nötigen Leitungen gebaut sind, um die Stromlücke in dem betreffenden Gebiet zu schließen. Die Bundesnetzagentur hat in dem Fall keine andere Wahl, als den Weiterbetrieb des AKW anzuordnen. Dazu ist sie de jure berechtigt – allerdings gegen entsprechende Zahlungen an den Betreiber.

Es entstünde die paradoxe Situation, dass in Zeiten des Atomausstiegs ein Konzern Steuergelder für den Betrieb eines AKW erhält. Eine Situation, die politisch kaum tragbar ist, sich aber vermeiden ließe, wenn nach der Bundestagswahl die Abgabe wegfällt oder gesenkt wird.

Die Konzerne haben wegen einer Eon-Klage noch ein zweites Eisen im Feuer: Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, ob die Steuer verfassungskonform ist, steht noch aus.

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