Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer: Spekulieren und kalkulieren

In Baden-Württemberg will Grünen-Fraktionschefin Sitzmann Nicht-EU-Ausländer fürs Studium zahlen lassen. Damit steht sie recht alleine da.

Einige sollen für andere zahlen: Bis zu 1.000 Euro Studiengebühren wollen die Grünen im Ländle von Nicht-EU-Ausländern. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Diskussionen über Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer reißen nicht ab. Kürzlich hatte die Fraktionsvorsitzende der Grünen im baden-württembergischen Landtag, Edith Sitzmann, in einem Interview mit den Stuttgarter Nachrichten einen erneuten Vorstoß gewagt – und damit prompt für reichlich Unmut beim Koalitionspartnerin SPD gesorgt.

Mit 500 bis 1.000 Euro will Sitzmann demnach ausländische Studierende an den baden-württembergischen Unis zur Kasse bitten. „In der Regel stammen diejenigen, die aus den USA oder Asien zu uns kommen, nicht aus den ärmsten Elternhäusern“, sagte sie der Zeitung. Wer sich die Gebühren nicht leisten könne, solle ein Stipendium erhalten.

„Allgemeine Studiengebühren für Nicht-EU-Bürger wird es in Baden-Württemberg nicht geben“, schoss SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel im Südwestdeutschen Rundfunk dagegen. Auch aus den eigenen Parteireihen kommt Kritik.

Sitzmanns Annahme, ausländische Studierende hätten genügend Geld, sei reine Spekulation, sagt Eva Muszar, Sprecherin der Grünen Jugend. Berechnungen über Mehreinnahmen des Landes durch die Gebühren gebe es noch nicht. Sitzmann spekulierte im Zeitungsinterview über einen zweistelligen Millionenbetrag. Im Herbst wolle man konkrete Zahlen liefern, heißt es aus dem Wissenschaftsministerium.

Chronisch unterfinanziert

Aufhänger für die Gebühren-Debatte ist die Umstrukturierung der Musikhochschulen, die einen hohen Anteil von Studierenden aus Nicht-EU-Ländern haben (rund 36 Prozent von knapp 700 Immatrikulierten an der Musikhochschule Mannheim) – und chronisch unterfinanziert sind.

Ein Bachelorstudienplatz an den Musikhochschulen kostet rund 76.000 Euro. Zum Vergleich: Ein Bachelor in Mathematik schlägt laut Statistischem Bundesamt mit durchschnittlich rund 24.000 Euro zu Buche. Rund 4 Millionen Euro sollen durch den Abbau von 500 Studienplätzen an den Musikhochschulen des Landes mittelfristig eingespart werden.

Sparen plus Mehreinnahmen durch Studiengebühren also – das Problem bei der Kalkulation mit den Gebühren: Da die Mehreinnahmen abhängig sind von der Gesamtstudierendenzahl der Hochschule, profitieren vor allem die großen Universitäten.

Gäbe es 1.000 Euro pro Semester von jedem Studierenden aus einem Nicht-EU-Land, würden für die Uni Stuttgart rund 7,4 Millionen Euro herausspringen. Musikhochschulen wie die Muho Mannheim kämen nur auf etwa 460.000 Euro. Genau diese Hochschulen brauchen aber aufgrund der teureren Studienplätze am dringendsten mehr Geld.

Hochschulen uneins

Die Hochschulen selbst bewerten den Vorstoß der Grünen-Fraktionschefin unterschiedlich. Der Präsident der Muho Mannheim, Rudolf Meister, lehnt die Gebühren nicht per se ab: „Wenn es zur Erhaltung der Musikhochschulen führt, wären sie sinnvoll.“ Allerdings müssten andere Länder nachziehen, damit die Studierenden nicht aus Baden-Württemberg abwanderten.

Skeptischer beurteilt die Uni Stuttgart die Pläne. „Studiengebühren für bestimmte Ländergruppen dürften das Bemühen um die Gewinnung qualifizierter Studierender aus dem Ausland eher erschweren“, heißt es in einer Stellungnahme der Uni-Leitung zu Sitzmanns Äußerungen.

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