Soziale Netzwerke von Prominenten: Mitglied im Gaga-Universum

Ob 50 Cent, Zooey Deschanel oder Lady Gaga – im Netz errichten Prominente soziale Netzwerke zur Fanbindung. Sie scheinen zum Greifen nah und sind doch ganz weit weg.

„Bitte nicht anfassen“: Lady Gaga und Fans. Bild: dpa

LONDON taz | Prominente verschanzen sich gerne. Hinter hohen Zäunen, Bodyguards und einstweiligen Verfügungen. Sie machen nicht in Hotels Urlaub, sondern haben Luxusvillen auf der ganzen Welt oder steigen bei anderen Promi-Freunden ab. Sie reisen mit dem eigenen Flugzeug oder Chauffeur. Die breite Masse vermeiden sie wie der Teufel das Weihwasser – es sei denn, sie wollen Musik, Kinofilme, Parfüms und andere Produkte mit ihrem Namen darauf an den Mann oder die Frau bringen.

Seit einiger Zeit ist auch bei Prominenten im Internet dieses Verhalten zu beobachten. Die Masse darf staunen, kaufen und bewundern, aber soll nicht mitmischen und auf Distanz gehalten werden. Dazu launchen die Promis ihre eigenen Webseiten, die entweder Social Networks sind, wie im Fall von Lady Gagas Littlemonsters, oder Fan-Seiten wie die von US-Rapper 50 Cent oder Zooey Deschanel, Hauptdarstellerin der US-Comedy-Hitserie „New Girl“.

Lady Gagas höchsteigenes soziales Medium ist eine Mischung aus Facebook, Ticketmaster (schließlich ist sie kein Philantrop), Reddit und Pinterest – alles schön aufgemischt im exzentrischen Lady-Gaga-Stil. Wer sich angemeldet hat, kann nach Herzenslust im virtuellen Gaga-Universum herumsurfen, eigene Gaga-Fotos und Fan-Kunst posten, Konzertkarten kaufen, sich an aktuellen Gaga-News erfreuen oder mit anderen Gaga-Fans in Forums chatten. Bislang hat die Seite 200.000 Mitglieder.

„Diese Gaga-Gemeinschaftserfahrung könnte auch für andere Künstler wie Guns and Roses oder Green Day funktionieren“, resümierte Matt Michaelson, CEO von Backplane, den Produzenten von Littlemonsters.

Alle sollen über dich reden

Lady Gaga ist auf einen virtuellen Zug aufgesprungen, der stetig an Fahrt gewinnt. Anfang des Jahres launchte HipHop-Künstler und Grammy-Gewinner Jermaine Dupri seine eigene Social-Media-Webseite, namens Global 14, die es mit 35.000 Mitgliedern zwar nicht ganz in die Bundesliga der Stars geschafft hat, aber immerhin.

Dieser Umstand bereitet auch so manchem Fan Kopfschmerzen: „Manche Leute besuchen die Seite und sagen, ‘Was? Du hast nur 35.000 Mitglieder, das ist aber nicht viel’, aber es ist viel, wenn sie alle über dich reden“, erklärte Dupri gegenüber der US-Webseite Mashable. Und darum geht es ja schließlich.

Der Hip Hopper sagte weiter, er könne auf seiner eigenen Webseite besser den Überblick behalten: „Wenn du Millionen Follower auf Twitter hast, dann kannst du nicht mal mehr sehen, wer mit dir spricht.“ Sicher, bei 35.000 Fans auf der eigenen Webseite ist das ein Kinderspiel. Wenn jeder Fan pro Woche eine E-Mail schickt, dann muss Dupri ja nur 5.000 E-Mails am Tag beantworten, was sicher für ihn ein Klacks ist.

1980er, Kätzchen, Nail Art

„New Girl“ Zooey Deschanels Webseite HelloGiggles kann sich mit ihren 400.000 Unique Visitors in den USA da schon eher sehen lassen. HelloGiggles ist ein virtuelles Aushängeschild für den „Cute Girl“ Hipster-Lifestyle mit dem Deschanel bekannt geworden ist. Die Themenauswahl spiegelt das wider: In ihren Postings schwadroniert das „süße Mädchen“ über 1980er-Jahre-Filme, Kätzchen, Dinge aus Garn und Nail Art. Und, wie Deschanel betont, der Inhalt ist auf die junge Frau von heute abgestimmt.

Besonders perfide ist WhoSay.com, eine Art Facebook für Promis bei der Otto Normalverbraucher nur durchs „virtuelle Glas“ gaffen – also sich die angeblich „originalen“ Fotos der Stars und Sternchen ansehen darf – aber „anfassen“ ist nicht erlaubt, sprich man kann nur Mitglied per Einladung werden. Aber weil die meisten Fans weder mit Jennifer Lopez oder Charlie Sheen verwandt, bekannt oder verschwägert sind, bleiben die „oberen Zehntausend“ unter sich. Natürlich haben diese Online-Auftritte vor allem ein Ziel: Das eigene Image zu fördern, mehr Produkte zu verkaufen, mehr Geld zu machen, damit sich die Promis noch stärker von „Joe Bloggs“ abgrenzen können.

Sicher, oft wird als Argument angeführt, dass Celebrities pausenlos von der breiten Masse belästigt werden, wenn sie keinen „virtuellen“ oder wie auch immer gearteten Zaun um sich herum errichten. Aber: Ist das nicht so, als ob Roger Federer über seinen Tennisellenbogen jammert? Natürlich tun seine Ellenbogen weh, aber sein Sport bringt ihm auch Millionen ein und genauso ist es mit der Showbiz-Welt.

Nebenwirkungen des Ruhms

Ihr Ruhm bringt Promis Millionen ein, damit sind auch immer „Nebenwirkungen“ verbunden. Die Frage, die sich viele Stars angesichts der Social-Media-Revolution gestellt haben dürften, ist die: Wie kann ich der Masse meine Erzeugnisse andrehen, ohne selbst mit der Masse in Berührung kommen zu müssen? Online-Auftritte sind dafür ideal, denn sie erwecken den Anschein, als ob die Stars zum Greifen nah sind, aber in Wirklichkeit verschanzen sie sich hinter einem „virtuellen“ Zaun – sie bleiben die „Untouchables“.

WhoSay.com beherbergt inzwischen 900 Promi-Profile und Macher Steve Ellis ist mächtig stolz auf sein Produkt: „Wir beobachteten ein Abbröckeln der digitalen Identitäten unserer Kunden und der Möglichkeit, mit Inhalten zu Geld zu verdienen“, sagte Michael Yanover, einer der Direktoren der Webseite.

Und weil Steve Ellis dieses herzzerreißende Trauerspiel nicht mitansehen wollte, rief er WhoSay.com ins Leben. Leider bislang mit bescheidenem Erfolg, denn die Webseite fährt noch keine Gewinne ein. Das Reichwerden bleibt auch weiterhin Ellis’ Schützlingen vorbehalten.

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