Kommentar zu Stuttgart 21: Wollt ihr den totalen Geißler?

Der Streit um den Bahnhof in Stuttgart geht schon viel zu lange. Für keine Seite hat die Debatte bisher Nennenswertes gebracht.

Es droht der dritte Weltkrieg! Wegen Stuttgart 21! Sollte der Konflikt weiter eskalieren, wird die Menschheit vernichtet! Mindestens. Diese Warnung darf gerne plagiiert werden, sollte es weiterhin einer unsachgemäßen Diskussion um Stuttgart 21, Stresstests und Kopfbahnhöfe dienen.

Es wäre durchaus logisch, sollte demnächst jemand auf dieses Angebot zurückgreifen. Schließlich sah die Bundeskanzlerin einst die Zukunft der ganzen Republik gefährdet, sollte der Stuttgarter Bahnhof nicht verbuddelt werden. Dann warnt der knuffige Geißler noch vor dem totalen Krieg in der Schwabenmetropole. Ein Tabubruch soll das sein, klar. Wenn die Welt Tabubrüche nötig hat, dann sicherlich und unbedingt im Zusammenhang mit einem Bahnhof - der übrigens zwischendurch auch mal ganz kurz Demokratieexperiment war.

Nach all den jahrelangen Diskussionen stellt sich die Frage: Hat die Welt nicht größere Probleme? Das klingt furchtbar polemisch, aber im Kern ist die Diskussion um Stuttgart 21 für alle zerstörerisch: für die Landesregierung, die auf ein einziges Thema reduziert wird, statt ihre Kraft in die von Ministerpräsident Winfried Kretschmann propagierte neue Gründerzeit zu stecken, die Baden-Württemberg zum Vorreiter für die Vereinigung von Ökologie und Ökonomie machen soll. Für die DemonstrantInnen auf der Straße, die einen Sieg der verhassten "Projektbefürworter" als Niedergang der Demokratie empfinden - statt das Erreichte zu würdigen. So schnell wird niemand mehr ein Großprojekt ohne ordentliche Bürgerbeteiligung planen.

Für die Bahn ist das Projekt zum PR-Desaster geworden, sie wird auf Jahre hinaus als arrogantes, rücksichtsloses Unternehmen erscheinen, dessen Versprechen kaum zu trauen ist. Und was nun, Stuttgart 21 bauen? Einigt euch endlich.

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Beschäftigte sich für die taz mit der Corona-Pandemie und Impfstoffen, Klimawandel und Energie- und Finanzmärkten. Seit Mitte 2021 nicht mehr bei der taz.

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