Neue EU-Außenministerin Ashton: Selbstbewußt, kompetent, streitbar

Bei ihrem ersten Auftritt vor dem Auswärtigen Ausschuss des Parlaments macht die neue EU-Außenministerin Ashton eine gute Figur - trotz eines Trommelfeuers an Fragen.

"Wir waren jung und gingen für unsere Überzeugungen auf die Straße": Catherine Ashton. Bild: dpa

BRÜSSEL taz | Catherine Ashton bekam den bedeutendsten Job, den die Europäische Union derzeit zu vergeben hat, aus drei Gründen: Sie gehört als Labourmitglied zu den Europäischen Sozialisten, sie ist Britin, und sie ist eine Frau. Die Kommentare nach ihrer Ernennung waren wenig schmeichelhaft. Doch bei ihrem ersten Auftritt im neuen Amt, der Befragung durch den Auswärtigen Ausschuss des Europaparlaments am Mittwoch, bestätigte sie die Vorurteile ihrer Kritiker nicht. Ashton spricht gelassen, selbstbewusst und wenn es sein muss sehr streitbar.

Ashtons Hauptbotschaft an alle, die ihr mangelnde Erfahrung vorwerfen, lautet: Sie habe den Lissabon-Vertrag durchs Oberhaus gepaukt und kenne ihn daher besser als die meisten ihrer Kritiker. Außerdem habe sie als Handelskommissarin seit Oktober 2008 genau die Konferenzen und Gipfel besucht und mit genau denjenigen Partnern gesprochen, die auch für ihre neue Arbeit von Bedeutung sein werden. In der Außenpolitik brauche sie daher keine Nachhilfe, wenn sie heute und morgen in Brüssel die Nato-Außenminister treffe.

Es war ein Trommelfeuer von Fragen, dem sich die Neue gestern zwei Stunden lang zu stellen hatte. Da im Auswärtigen Ausschuss jeder sein spezielles Vorgärtlein pflegt und die Redebeiträge nicht aufeinander abgestimmt werden, sprang der Dialog von Regionalkonflikten wie Südossetien und Nagorny Karabach über die Beziehungen zu den USA, Brasilien, Iran, Indien und China zum Freihandelsabkommen mit Kolumbien, dem Abzug aus Afghanistan, der Visapflicht für Kosovaren oder dem Streit zwischen Israel und Palästina über Jerusalem als Hauptstadt.

Einige britische Konservative nutzten die Fragestunde für eine innenpolitische Abrechnung. Sie wollten zum Beispiel wissen, ob der KGB die nukleare Abrüstungskampagne finanziert habe, deren Schatzmeisterin Ashton von 1980 bis 1982 war. Da lächelte die ehemalige Aktivistin versonnen: "Wir waren jung und gingen für unsere Überzeugungen auf die Straße. Fast 40 Prozent des Geldes wurden während der Demos gesammelt. Da kann ich Ihnen wirklich nicht sagen, wer genau da gespendet hat." Außerdem sei sie es gewesen, die die erste externe Überprüfung der Finanzen veranlasst habe.

Fragen über ihre neue Aufgabe beantwortete Ashton ausweichend. Mehrere Abgeordnete wollten wissen, wie ihr Vorschlag für die Struktur des neuen europäischen diplomatischen Dienstes aussehen wird, den sie bis kommenden April vorlegen will. Die Parlamentarier sind besorgt, dass die neue Behörde einen unabhängigen Status erhalten und damit vom parlamentarischen Haushaltsverfahren ausgenommen sein könnte.

Auch über die Höhe des benötigten Budgets wollte Ashton noch nichts sagen. Zu der heiklen Frage, wie ihr Aufgabenbereich von dem des lettischen Entwicklungskommissars Andris Piebalgs und der bulgarischen Kommissarin für humanitäre Hilfe und Krisenprävention, Rumiana Jeleva, abgegrenzt sein wird, schwieg Ashton ebenfalls.

Schon jetzt wird deutlich, dass die halbherzige Strukturreform der EU-Außenpolitik es der neuen Hohen Repräsentantin enorm schwermachen wird, in dem Chor der irgendwie auch zuständigen Mitstreiter gehört zu werden. Neben dem Kommissar für Entwicklungspolitik und der Kommissarin für Humanitäre Hilfe und Krisenprävention sind das der auf zweieinhalb Jahre gewählte Ratspräsident Herman Van Rompuy und der alle sechs Monate rotierende Vorsitz jeweils eines Mitgliedsstaates. Die berühmte, Henry Kissinger angedichtete Frage nach der einheitlichen europäischen Telefonnummer beantwortete ein Beobachter neulich so: "In Zukunft reicht nicht mehr ein einzelnes Telefon, da brauchen wir schon eine ganze Telefonzentrale." DANIELA WEINGÄRTNER

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