Jugendgewalt: Schlagabtausch um den Knast

Jugendliche, die zu Jugendarrest verurteilt werden, können ihre Strafe oft nicht sofort antreten. Dies skandalisiert Dirk Behrendt (Grüne) und provoziert einen Schlagabtausch mit der SPD-Justizsenatorin.

Zerbrochenes Fenster im Jugendknast Bild: AP

Jugendgewalt erhitzt schon wieder die Gemüter. Diesmal hat sich Dirk Behrendt, der rechtspolitische Sprecher der Grünen, dazu zu Wort gemeldet. Er wirft Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) vor, sich nicht genug um dringend nötige Jugendarrestplätze zu kümmern. Jugendliche könnten ihren Arrest oft nicht sofort antreten. Von der Aue kontert: "Behrendt redet Unsinn!" Sie suche bereits Standorte für neue Jugendarrestplätze.

Ob hinter diesem Schlagabtausch zum Thema Jugendgewalt Streit in der Sache steht oder schlicht eine Profilierung der Politiker, ist kaum noch auszumachen.

Seit Roland Koch (CDU), Ministerpräsident von Hessen, das Thema Jugendgewalt ausschlachtete, um Wählerstimmen einzufangen, steht es auf der Agenda. Die einen fordern schärfere Strafen, die anderen versuchen zu verstehen, was sich verändert hat und warum die Jugendlichen, wenn sie straffällig werden, gewalttätiger auftreten als früher. Wo einst der einfache Raub der Normalfall war, sei es heute der bewaffnete Überfall mit Messer, mit Teleskopschalgstock oder anderen Waffen, bestätigt Günter Räcke, Jugendrichter aus Berlin.

Knäste und Arreste gelten in der Diskussion um Jugendgewalt als Ultima ratio, wenn alle anderen pädagogischen Maßnahmen versagt haben. Vor allem der Arrest, in dem Jugendliche ab 14 Jahren für längstens vier Wochen untergebracht werden, soll dabei eine erzieherische Qualität haben. Der Freiheitsentzug soll ihnen klar machen, dass sie sich unrechtmäßig verhalten haben.

Dirk Behrendt hat nun durch eine kleine Anfrage an den Senat erfahren, dass etwa ein Viertel aller Jugendlichen, die sich zum Jugendarrest melden müssen, aus Platzmangel abgewiesen werden. Spätestens zwei Wochen später, erklärt Justizsenatorin von der Aue, würden sie jedoch aufgenommen werden. Dies skandalisiert Behrendt als erzieherisch wenig erfolgreich. Der Grüne fordert "nicht höhere Strafen, sondern Konsequenz".

Diese Skandalisierung indes zäunt das Pferd von hinten auf. Richtig ist, dass Jugendliche so zeitnah wie möglich, zur Verantwortung gezogen werden müssen für kriminelles Handeln. Deshalb hat Günter Räcke mit einer weiteren Jugendrichterin auch eine Initiative gestartet. Ziel ist, dass sie bereits zwei Wochen nach der Tat vor Gericht stehen, damit die Jugendlichen den Kontakt zur Tat nicht verlieren.

Das A und O in der Debatte um Jugendgewalt ist jedoch, und da stimmen Richter, Lehrer und Sozialarbeiter überein, dass die Erziehung in der Familie bei kriminellen Jugendlichen versagt. "Wenn 14-Jährige vor mir stehen, dann ist oft schon viel schief gegangen", sagt der Jugendrichter. Gerade bei den sogenannten Hilfen zur Erziehung wurden in den vergangenen Jahren vom Senat aber fast die Hälfte der finanziellen Mittel gestrichen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.