Nach Äußerung von RWE-Chef: Konzertierte Aktion gegen Biblis

Umweltschützer wollen vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof gegen den Betrieb des "Schrottreaktors" klagen und fordern die Abschaltung des Meilers.

IPPNW und BUND warnen: Die Sicherheitsstandards von Biblis Block B seien unzulässig. Bild: ap

"Wir können den Reaktor so fahren, dass wir mit den Restlaufzeiten über die nächste Bundestagswahl kommen." Dann habe vielleicht ein Umdenken in der Bevölkerung und bei der Regierung eingesetzt. Darauf jedenfalls setzt RWE-Chef Jürgen Großmann, der sich zur Feier der Wiederinbetriebnahme des AKW Biblis Block B zu dieser Äußerung hinreißen ließ - die Grüne und Umweltschützer prompt zu einer konzertierten Aktion gegen Biblis Block B und zu massiven Protestaktionen provozierte.

Die Grünen im Hessischen Landtag jedenfalls sprachen von einer "unverantwortlichen Haltung" und zogen schon letzte Woche mit gelben Atommüllfässern vor das Umweltministerium in Wiesbaden, dessen Hausherr Wilhelm Dietzel (CDU) sich zur Freude der Betreibergesellschaft RWE Power AG nachdrücklich für eine Verlängerung der Laufzeiten der beiden "Schrottreaktoren" (Grüne) ausgesprochen hatte. Das Landesministerium fungiert als Atomaufsichts- und Atomkontrollbehörde. Dazu starteten BUND und IPPNW, die internationale Organisation der Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, ihre Kampagne "Biblis angeklagt!". Überall in Südhessen und auf der Biblis gegenüberliegenden Rheinseite in Rheinland-Pfalz stecken Atomkraftgegner in diesen Tagen eine Zeitung in Briefkästen: Berichtet wird in dem Blatt mit einer Auflage von 300.000 Exemplaren von den mehr als 150 Sicherheitsdefiziten alleine in Block B und der "mangelhaften Zuverlässigkeit von RWE". Zuletzt mussten dort beide Reaktorblöcke wegen falsch eingebauter Dübel stillgelegt werden, Block B für ein Jahr. Und Block A ist wegen andauernder Reparaturarbeiten noch immer vom Netz.

Dazu kündigten IPPNW und BUND eine Klage gegen Biblis Block B vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof an. Nach dem Atomgesetz nämlich habe der Sicherheitsstandard in einem AKW dem "aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik" zu entsprechen. Der aber sei in Biblis nicht zu konstatieren. Deshalb müsse der Reaktor umgehend abgeschaltet werden.

Die Studie der Universität Mainz über ein erhöhtes Krebsrisiko vor allem von Kindern in einem Radius von 50 Kilometern um ein AKW hat die Atomkraftgegner zusätzlich motiviert. Ursula Hammann von den Grünen im Landtag forderte Umweltminister Dietzel auf, Biblis Block A so lange nicht wieder ans Netz gehen zu lassen, bis die Ursachen für die Leukämiehäufung auch dort genau erforscht seien.

Bürgerinitiativen in Ahaus, Gronau, Hamm, Münster und Waltrop forderten gestern die Landesregierung in NRW und das Bundesamt für Strahlenschutz auf, auch Atombetriebe wie Zwischenlager für Atommüll, Urananreicherungsanlagen und ehemalige Atomkraftwerke in ihre Untersuchungen einzubeziehen. Der Vorsitzende der Strahlenschutzkommission des Bundes, Wolfgang-Ulrich Müller, sagte, ein Zusammenhang zwischen dem Betrieb von AKWs und dem Auftreten von Leukämie sei "kaum belegbar".

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