EU: Eine E-Mail für den Haushalt

Die Kommission gibt den Startschuss für eine Debatte über den Finanzrahmen der EU. Vorschläge macht sie nicht, sondern befragt Forscher, Lobbyisten und Bürger.

Den Bürgern zuhören: EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso Bild: rtr

Ist doch alles halb so schlimm - mit dieser Botschaft gingen Kommissionspräsident Manuel Barroso und seine Haushaltskommissarin Dalia Grybauskaté am Mittwoch an die Öffentlichkeit. Statt einen eigenen Vorschlag vorzulegen, wie die EU-Mittel ab 2013 den veränderten Aufgaben angepasst werden können, will die Kommission wieder einmal den Bürgern zuhören. Es sei ja ohnehin ein "Mythos", dass die EU zu viel Geld für sinnlose Agrarsubventionen ausgebe.

Im Finanzzeitraum 1988 bis 1992 seien zwar noch 61 Prozent des Geldes in diesen Bereich geflossen. 2013, am Ende der jetzt laufenden Planungsperiode, werde aber nur noch ein Drittel des Budgets für Mutterkühe, Weinverstromung oder Exportbeihilfen ausgegeben.

Statt selber Fragen zu beantworten, will die Kommission nun von Wissenschaftlern, Lobbyisten und interessierten Bürgern wissen, welche Ausgabenprioritäten sie sehen, wie der Haushalt effizienter und transparenter werden kann, ob die Briten ihren Sonderrabatt behalten dürfen und eine eigene EU-Steuer eingeführt werden soll. An die Mail-Adresse budget-review@ec.europa.eu kann jeder seine Vorschläge richten, die gesammelt und gesichtet werden. Damit produziert die EU-Kommission eine Menge Papier und schafft neue Arbeitsplätze für Beamte, die den Wust an Antworten sortieren und bearbeiten müssen. Vor allem aber schiebt sie die unangenehme Frage auf, welche Linie sie in der hochpolitischen Budgetdebatte vertreten will. Kommissionspräsident Barroso will es sich mit keinem verderben. Das erhöht seine Chancen, 2009 für eine zweite Amtszeit gewählt zu werden.

Am Grundproblem ändert sich einstweilen nichts: Die EU hat in den letzten zwanzig Jahren zahlreiche neue Aufgaben übernommen, in der Außenpolitik, der grenzüberschreitenden Kriminalitätsbekämpfung, aber auch durch die Osterweiterung und eine neue Nachbarschaftspolitik. Doch Länder wie Deutschland, die mehr in den Brüsseler Topf einzahlen als sie herausbekommen, wollen das Budget nicht aufstocken. Großbritannien will den von Margaret Thatcher einst erstrittenen Rabatt nicht aufgeben. Und Frankreich hält an den Agrarsubventionen fest.

Allerdings schlug der französische Präsident Nicolas Sarkozy Dienstagabend bei einer Rede in Rennes ungewohnte Töne an. "Die europäische Agrarpolitik in ihrer heutigen Form kann keine Antwort auf die Herausforderungen des nächsten Jahrzehnts sein", sagte er. Bauern dürften nicht länger am Tropf der Brüsseler Subventionspolitik hängen und von Auflagen und Bürokratie erdrückt werden. Die neue französische Linie sei zwischen ihm und Sarkozy bei einem Treffen Ende August verabredet worden, berichtete stolz der Kommissionspräsident. Er musste allerdings einräumen, dass er mit dem neuen britischen Premier Gordon Brown über die heikle Frage des britischen Rabatts noch nicht gesprochen habe.

Das wird er auch sicher so lange nicht tun, bis der neue Reformvertrag der EU in Großbritannien ratifiziert worden ist. Möglicherweise wird es dazu eine Volksabstimmung geben - und die Aussicht, künftig mehr Geld nach Brüssel überweisen zu müssen, würde die britischen Wähler sicher nicht europafreundlicher stimmen.

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