Vertrag vorbereitet

DIPLOMATIE Arbeitsgruppen legen Entwurf für Abkommen vor. EU legt Verhandlungsposition fest und zahlt Milliarden an den Süden

„Wir haben jetzt den Rahmen der Verhandlungen“

YVO DE BOER, UN-KLIMASEKRETARIAT

VON NADINE MICHEL
UND DANIELA WEINGÄRTNER

Bei der Klimakonferenz in Kopenhagen hat es den ersten großen Fortschritt im Verhandlungsprozess gegeben. Die beiden Vorsitzenden der Arbeitsgruppen haben einen offiziellen Verhandlungstext vorgelegt – den ersten seit der UN-Klimakonferenz vor zwei Jahren in Bali. „Wir haben jetzt den Rahmen der Verhandlungen. Das ist eine wichtige Stufe, um sich auf die großen Fragen zu konzentrieren“, sagte der Vorsitzende des UN-Klimasekretariats, Yvo de Boer. Damit meinte er im Wesentlichen die Ziele zur Minderung der Treibhausgase, die finanziellen Hilfen, die an die Entwicklungsländer gezahlt werden sollen, und die Festlegung auf eine Begrenzung der Erderwärmung. All diese Punkte sind noch in eckige Klammern gesetzt, was einige Optionen offenlässt.

Mit den Entwürfen könnte der Streit darüber geschlichtet werden, inwiefern ein neues Klimaabkommen auf dem Kioto-Protokoll basieren soll. Die USA wollen kein neues Kioto-Protokoll, insbesondere die Chinesen wollen es hingegen unter allen Umständen fortführen. Jetzt liegen zwei Texte vor, die langfristig zusammengeführt werden können: ein neues Kioto-Protokoll plus einer sogenannten Long Term Cooperative Action (LCA), in dem sich die USA wiederfinden würden. China wäre nicht zur Emissionsreduktion verpflichtet – der LCA-Text sieht hier lediglich eine Größenordnung für die Entwicklungsländer insgesamt vor.

„Es ist ein Fortschritt, aber ich würde noch nicht von einem Durchbruch sprechen“, sagte Klimaexpertin Antje von Broock von der Umweltorganisation BUND. „Man muss abwarten, wie die einzelnen Verhandlungsparteien reagieren.“ Greenpeace hält den LCA-Text, durch den die USA in den Prozess eingebunden werden sollen, rechtlich noch für zu schwach. „Die Staaten müssen jetzt alles tun, um den Text erfolgreich abzuschließen“, sagte Martin Kaiser.

Auch die EU hat sich auf eine Verhandlungsposition für Kopenhagen geeinigt. Die Staats- und Regierungschefs beschlossen am Freitag, dass die ärmsten Länder von Europa in den kommenden drei Jahren 7,2 Milliarden Euro Soforthilfe im Kampf gegen den Klimawandel erhalten sollen. An der Soforthilfe beteiligen sich alle 27 EU-Staaten. Deutschland steuert 1,26 Milliarden Euro bei – deutlich weniger als die ursprünglich versprochenen 20 Prozent. Dabei handle es sich um frisches Geld, nicht um Summen, die ohnehin schon für Wiederaufforstungsmaßnahmen eingeplant gewesen seien, sagte Bundeskanzlerin Merkel mit einem Seitenhieb auf Nicholas Sarkozy. Sarkozy und Brown waren auf dem Gipfel mit finanziellen Zusagen vorgeprescht und hatten die deutsche Delegation in Zugzwang gebracht. Die beiden hätten nach den Querelen der letzten Wochen Einigkeit demonstrieren müssen, kommentierte Merkel die neue Männerfreundschaft. Sie komme ohnehin mit beiden gut aus.

Merkel bekräftigte, dass die EU in Kopenhagen eine Senkung ihres CO2-Ausstoßes bis 2020 um 30 Prozent anbieten werde, „wenn wir auch bei großen anderen Mitspielern noch mal eine Veränderung der Position beobachten“, sagte Merkel. Greenpeace zeigte sich enttäuscht, dass die EU nicht bereit war, eine Reduzierung von 30 Prozent nicht ohne Vorbedingungen anzubieten. Der grüne EU-Abgeordnete Reinhard Bütikofer wundert sich, dass die EU in dem Moment ihre Vorreiterrolle aufgibt, in dem andere Länder endlich zu Zusagen bereit sind. „Obama riskiert etwas mit seiner Reise nach Kopenhagen, Chinas Präsident Hu Jintao ebenso. Europa wäre beschränkt, wenn es sich nun als Club der Kleinkrämer profilieren würde“, sagte er der taz.

Laut Merkel wird die Konferenz von Kopenhagen ein Erfolg, wenn sich die Teilnehmer verbindlich darauf einigten, die Erderwärmung auf 2 Grad zu begrenzen. „Für die Entwicklungs- und Schwellenländer wäre das ein großer Schritt“, sagte Merkel. Ein Land wie China sei dann zum Handeln gezwungen. „Selbst wenn Europa und die USA ihren CO2-Ausstoß um hundert Prozent reduzieren würden, könnten wir allein das 2-Grad-Ziel nicht erreichen“, sagte Merkel. In Kopenhagen müssten die Regierungschefs bindende Verpflichtungen eingehen.