Peter Philipp über den Selbstmordanschlag in Irak
: Grausames Attentat zum Feiertag

Der irakische Ministerpräsident, Haider al-Abadi brauchte nicht lange nach einer Erklärung zu suchen: Der selbst ernannte „Islamische Staat“ (IS) greife Zivilisten an, um sich für das erfolgreiche Vorrücken der Regierungstruppen in letzter Zeit zu rächen. 120 Tote und noch mehr Verwundete in Chan Bani Saad im Gouvernement Dijala scheinen dies zu bestätigen. Der folgenschwerste Selbstmordanschlag seit der amerikanischen Invasion 2003 traf vor allem Zivilisten, unter ihnen viele Frauen und Kinder, die sich anschickten, „Id al-Fitr“ (das Fest des Fastenbrechens) am Ende des Fastenmonats Ramadan zu feiern. Die meisten Opfer waren Schiiten – im Irak die Mehrheit, in Dijala aber eine Minderheit.

Der IS versucht seit geraumer Zeit, Dijala unter seine Kontrolle zu bringen, dessen Gebiet sich bis an die Ausläufer Bagdads im Süden und die iranische Grenze im Osten erstreckt. Solche Strategieaspekte paaren sich mit dem Versuch, an die unrühmliche Vergangenheit des Gouvernements anzuknüpfen: Die Vorläuferorganisation des IS, der „Islamische Staat im Irak“ unter Mussab al-Sarkawi, hatte von hier aus ihren blutigen Terrorkampf gegen amerikanische Besatzer und andersgläubige Iraker geführt. Dessen Erben, der IS, haben es aber geschafft, weite Teile des Irak und ­Syriens unter ihre Kontrolle zu bringen.

Ministerpräsident Abadi sollte besser zugeben, dass die Regierungstruppen nicht in der Lage sind, der Machtausweitung des IS Einhalt zu gebieten. Nur mithilfe amerikanischer Luftunterstützung, schiitischer Milizen und iranischer Bodentruppen gelangen bisher begrenzte Rückgewinne IS-besetzter Gebiete. Hierbei aber kam es auch zu blutigen Ausschreitungen gegen sunnitische Einwohner – mit der Folge, dass welchselseitige Angst voreinander und Hass weiter zunahmen. Angst und Hass aber fördern keine friedliche Lösung, sondern führen eher zu weiteren Anschlägen wie denen von Khan Bani Saad.

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