Klimaschutz könnte an Kioto scheitern

GEFECHT China und die USA beharren auf ihren Positionen. Die Vereinigten Staaten fordern Systemwechsel

KOPENHAGEN taz | China kontra USA oder Kiotowelt gegen Nicht-Kiotowelt – so präsentiert sich der Konflikt in Kopenhagen. „Keine Frage: Wir haben eine große historische Verantwortung.“ Mit diesen Worten blies am Mittwoch US-Chefunterhändler Todd Stern zum Angriff. „Klar ist jedoch auch, dass Schwellen- und Entwicklungsländer jetzt eigene Anstrengungen verbindlich zusagen müssen.“

Beistand erhielt der US-Verhandlungsführer von der Europäischen Union. „China blockiert die Gespräche zwischen EU und den USA“, kritisierte der schwedische Chefdelegierte Anders Turesson. Die Chinesen nämlich würden es ablehnen, im Verhandlungssaal über verbindliche Reduktionspflichten sowohl für Industrie- als auch für Entwicklungsländer zu reden. Chinas Klimabotschafter Yu Qingtai wies beides am Donnerstag scharf zurück: Die Industriestaaten hätten die Erderwärmung verursacht, deswegen stünden sie bei den armen Ländern „rechtlich und historisch“ in der Pflicht.

„Wir akzeptieren absolut unsere Schuld bei der Verursachung des Problems“, erklärt Todd Stern. Weil nun die US-Umweltbehörde Treibhausgase als „gesundheitsgefährdend“ eingestuft hat, sei klar, dass die US-Emissionen sinken werden. Stern: „Die chinesischen aber steigen und steigen. Das macht für das Klima keinen Sinn: Emissionen sind Emissionen.“

Und an der Stelle kommt das Kioto-Protokoll ins Gespräch, für das in Kopenhagen eine Anschlussregelung gefunden werden soll. In der ersten Handlungsperiode 2008 bis Ende 2012 werden lediglich die sogenannten Annex-I-Staaten zum Handeln verpflichtet. „Das bedeutet: Wir sprechen hier nur über die Senkung von 30 Prozent der globalen Emissionen“, so der Schwede Turesson, der für die EU-Troika spricht. Turesson: „Damit ein Klimaabkommen überhaupt Sinn ergibt, müssen die anderen 70 Prozent der Emissionen einbezogen werden.“ Also müssen in der zweiten Handlungsperiode des Kioto-Protokolls auch die größten Verursacher USA und China einbezogen werden. Die aber sperren sich. Stern stellte klar: „Wir werden nichts unterschreiben, was auf dem Kioto-Protokoll fußt, wie das Kioto-Protokoll aussieht oder ein Kioto-Protokoll mit anderem Namen ist.“ Stattdessen sei ein Systemwechsel nötig.

Die Begründung dieser Haltung liefert China selbst. Die Industriestaaten müssten mit großen Schritten vorangehen. China selbst sei aber kein Annex-I-Land, müsse deshalb also auch keine Reduktionsverpflichtung unter dem Kioto-Protokoll übernehmen. NICK REIMER