Bund setzt auf Abschreckung,
Berlin auf neues Konzept

ASYL Bundesamt warnt in Anzeigen Balkan-Flüchtlinge. Berlin startet neue Registrierung

„Wir sind gefordert, aber nicht überfordert“

Thomas de Maiziére

BERLIN dpa/taz | Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat bei der Bearbeitung der hohen Zahl von Flüchtlingen weitere Unterstützung zugesagt. Bis Herbst sollen 100 zusätzliche Bundespolizisten nach Bayern kommen, um bei der Registrierung von Asylbewerbern zu helfen, sagte de Maizière am Dienstag beim Besuch der Bundespolizei in Deggendorf. „Wir sind gefordert, aber nicht überfordert. Wir bekommen das hin.“ Flüchtlinge, die schutzbedürftig seien, sollten bleiben dürfen. „Wer jedoch nicht schutzbedürftig ist“, so der Minister, „soll schnell das Land wieder verlassen.“

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge setzt inzwischen auch auf Abschreckung: Mit Facebook-Anzeigen wendet es sich an Flüchtlinge in der Balkanregion. Darin rät Behörden-Chef Manfred Schmidt den Menschen davon ab, nach Deutschland zu fliehen. Flüchtlinge aus dem Balkan würden ab sofort deutlich schneller abgeschoben und könnten eine Wiedereinreisesperre erhalten. Auch sei eine Kürzung des Taschengeldes in der Diskussion.

Die Anzeigen sind auf Serbisch und Albanisch verfasst. Flüchtlinge aus der Balkanregion stellten im ersten Halbjahr 2015 einen Großteil der Asylanträge: 80.000. Nur 0,2 Prozent werden anerkannt.

In Berlin setzte die rot-schwarze Landesregierung am Dienstag aufgrund der hohen Flüchtlingszahlen einen Koordinierungsstab ein. Nach zuletzt chaotischen Zuständen am Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo), wo mehrere hundert Flüchtlinge auf ihre Registrierung warteten, soll es künftig weitere, dezentrale Erstaufnahmestellen geben.

„Wir sind in einer schwierigen Situation, aber wir sind noch nicht in einer Krisensituation“, sagte Bürgermeister Michael Müller (SPD). Bis 2012 kamen nur 1.500 bis 1.800 Flüchtlinge jährlich nach Berlin. In diesem Jahr rechnet der Senat mit bis zu 35.000 Flüchtlingen. Müller sprach sich dennoch gegen den Vorschlag aus, im Bundesrat eine Initiative zu weiteren sicheren Herkunftsländern zu starten. Das individuelle Asylrecht müsse erhalten bleiben. Müller fordert stattdessen ein Einwanderungsgesetz. „Wir brauchen es dringend, und wir brauchen es schnell.“ Stefan Alberti