Zschäpe und Wohlleben-Anwälte: die rechte Allianz

Terror Im NSU-Prozess sucht die Hauptangeklagte neue Verbündete unter den Verteidigern

Zschäpe mit ihrem Anwalt Mathias Grasel Foto: Peter Kneffel/dpa

MÜNCHEN taz | Im NSU-Prozess schmiedet sich die Hauptangeklagte Beate Zschäpe offenbar eine neue Allianz: Der Verhandlungstag am Donnerstag hat gerade erst begonnen, da stellt Wolfram Nahrath, Verteidiger des als Waffenbeschaffers mitangeklagten Ralf Wohlleben, einen Antrag. Der freilich zielt weniger auf seinen Mandanten – als vielmehr auf die Frau eine Reihe vor ihm.

Man beantrage eine Aussetzung des Verfahrens, erklärt Nahrath. Zschäpe werde „nicht mehr ordnungsgemäß“ verteidigt, da ihre Anwälte nicht miteinander kommunizierten. Ein „faires“ Verfahren sei so nicht möglich. Sofort meldet sich auch Zschäpes Neuanwalt Mathias Grasel: „Meine Mandantin schließt sich gerne an.“

Die Aktion zielt auf den Riss, der sich schon länger zwischen Zschäpe und ihren drei ursprünglich erwählten Verteidigern Anja Sturm, Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl auftut – und nun auch zwischen dem Anwältetrio und Neuverteidiger Grasel, der erst im Juli auf Wunsch Zschäpes dazustieß.

Dass Grasel sich nun mit den Anwälten eines anderen Angeklagten zusammentut, verfolgt Altverteidiger Heer entgeistert, immer wieder schüttelt er den Kopf. „Wir geben dazu ausdrücklich keine Stellungnahme ab“, sagt er nur bitter. Wohlleben-Verteidiger Narath dagegen geht kurz darauf demons­trativ zu Grasel, spricht sich kurz mit ihm ab.

Bereits am Vortag hatte es gekracht: Heer hatte beantragt, dass sich das Gericht zum jüngsten Eklat um eine nicht existente Nebenklägerin erklärt. Grasel ging sofort dazwischen: Weder er noch Zschäpe würden den Antrag kennen. Es folgte ein harscher Schlagabtausch.

Die fehlende Absprache, sagte Heer, sei ein grundsätzliches Problem. „Das lag nicht an uns.“ Grasel konterte, der Vorwurf sei „haltlos“. Vielmehr hätten ihm Stahl, Sturm und Heer Besprechungen und Unterlagen verwehrt sowie Informationen „nur vereinzelt“ erteilt.

Auf den Streit bezieht sich nun auch Wohlleben-Verteidiger Nahrath. Im Grunde, sagt er, sei Zschäpe doch nicht mehr verteidigt, seit Stahl, Sturm und Heer im Juli erfolglos ihre Entpflichtung beantragten. Bundesanwalt Jochen Weingarten widerspricht: Auch wenn die Situation „suboptimal“ sei, habe Zschäpe vier Anwälte, die sie „adäquat“ vertreten. Auch eine Reihe von Opferanwälten hält dagegen, es gehe den Verteidigern nur um ein „Störfeuer“.

Der Streit bestimmt den ganzen Prozesstag, drei als Zeugen geladene BKA-Ermittler müssen ungehört abreisen. Wieder kommt das Verfahren nicht voran.

Und schon wieder kommt das Verfahren nicht voran

Den Ausführungen der Wohlleben-Anwälte lauschte Zschäpe dagegen schon länger aufmerksam. Anders als ihre eigenen Verteidiger ist Nahrath ein strammer Szeneanwalt, einst Anführer der rechtsextremen Wiking-Jugend. Und dem kommt der jüngste Streit gelegen: Viel Entlastendes kam für Ralf Wohlleben im Prozess nicht zutage. Nun gibt es doch noch einen Anfechtungsgrund. Prompt beantragt Nahrath auch die Entlassung Wohllebens aus der U-Haft.

Das dürfte aussichtslos sein – auch wenn Richter Götzl erst später über den Antrag entscheiden will. Konrad Litschko