Mutmachen lautet die Devise

AUFTAKT Der Wille zur Einigung sei noch nie so groß gewesen, sagt Konferenzpräsidentin Connie Hedegaard. Doch noch liegt kein gemeinsamer Textentwurf vor

„Es muss darum gehen, den Auftrag in der zur Verfügung stehenden Zeit zu erfüllen“

AUS KOPENHAGEN NICK REIMER

„Der Klimawandel kennt keine Grenzen, alle Menschen auf der Welt sind von der Erderwärmung betroffen.“ Mit dieser Einschätzung eröffnete der dänische Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen an diesem Montag die 15. Weltklimakonferenz. In Dänemarks Hauptstadt sind tausende Delegierte und Beobachter aus 192 Staaten zusammengekommen, um binnen 12 Tagen ein Abkommen zu schließen, das dem 2012 auslaufenden Kioto-Protokoll als Anschluss dient.

Konferenzpräsidentin Connie Hedegaard, bis vor kurzem noch Dänemarks Umweltministerin und frisch gebackene EU-Klimakommissarin, machte den Delegierten Mut zum Auftakt: „Der politische Wille zu einer Einigung im Klimaschutz ist noch nie so groß gewesen wie jetzt.“ Und rief den Delegierten frenetisch zu: „Packen wir es an.“ Yvo de Boer, der Chef des UN-Klimasekretariats, dämpfte allerdings die aufkeimende Euphorie: „Kopenhagen wird nur dann ein Erfolg, wenn umfangreiche Maßnahmen vereinbart werden, die am Tag eins nach Ende dieses Gipfels in Kraft treten.“

Bereits jetzt liegen einige Zusagen auf dem Tisch: Die USA wollen ihre Emissionen bis 2020 um 17 Prozent drücken, allerdings bezogen auf den Stand von 2005. Rechnet man dieses Angebot um auf einen Vergleich mit dem CO2-Ausstoß von 1990, wie es seit dem Kioto-Protokoll üblich ist, bedeutet das US-Ziel lediglich eine Reduktion um 4 Prozent. Die EU hat für denselben Zeitraum eine Senkung um 30 Prozent angekündigt, falls es zu einem Vertrag kommt, Japan will um 25 Prozent senken, Russland um 20 bis 25 Prozent, Australien um 5 bis 25 Prozent. So weit die Verpflichtungen der Industriestaaten.

Vor allem die USA drängen darauf, dass künftig auch die Schwellenländer – allen voran der wirtschaftlich aufstrebende Konkurrent China – eigene Reduktionsverpflichtungen auf den Tisch legen. „China hat eine Reduktion von 20 Prozent angeboten“, erklärte de Boer auf seiner ersten Pressekonferenz, die bereits brechend voll war. 5.000 Journalisten sind akkreditiert und rangeln um die besten Bilder und Informationen. De Boer lobte auch Indien für dessen Angebot: Bis 2020 soll der CO2-Ausstoß um 24 Prozent unter den Stand von 2005 sinken.

Der Haken: Die Reduktionsziele stehen im Verhältnis zum BIP. Beide Zusagen heißen also lediglich, dass die Treibhausgas-Emissionen weniger stark wachsen sollen als die Wirtschaft.

Fakt ist: Diese Zusagen allein ergeben noch kein Verhandlungsprotokoll. Denn es geht neben der Reduktion um viel Geld, das die Industriestaaten dem Süden zur Anpassung an die Erderwärmung zahlen sollen, es geht um den Transfer von grünen Technologien und ein System, die fortschreitende Entwaldung zu stoppen. „Es gibt sehr viele verschiedene Textvorschläge, aber noch keinen gemeinsamen Entwurf, den man zur Abstimmung stelllen könnte“, so Konferenzpräsidentin Hedegaard.

Bis also die Minister in der nächsten Woche kommen, müssen die Delegierten erst einmal ein Abkommen produzieren, über das die Minister dann beraten können. Seit zwei Jahren ringt die Weltklimadiplomatie darum. Warum sollte es diesmal klappen? Connie Hedegaards Antwort ist verblüffend einfach: „Wir haben die Zeit, die wir zur Verfügung haben, und wir haben den Auftrag, den wir haben. Es muss also darum gehen, den Auftrag in der zur Verfügung stehenden Zeit zu erfüllen.“

Dass dies ein steiniger Weg werden wird, verdeutlichte ausgerechnet die weltweite Kampagne TckTckTck. Aktivisten stürmten die Pressekonferenz von de Boer und Hedegaard. „Ich komme aus Tuvalu und ihr sollt wissen, ihr verhandelt über die Zukunft meiner Heimat“, rief eine Aktivistin wütend. Was nun zwar nicht wirklich eine Neuigkeit ist. Wohl aber die Art und Weise, wie sich die Aktivisten Luft machen.