Der brave Familienvater

Escheburg Ein Steuerbeamter legte Feuer, weil er um seine Idylle fürchtete

„Sie tun sich nur selber leid!“

Helga von Lukowicz, Richterin am landgericht lübeck, bei der Urteilsverkündung

Die Straße Am Golfplatz in Escheburg ist eine Idylle: schöne Familienhäuser auf gepflegten Grundstücken. Am 9. Februar vergangenen Jahres sah Kim-Alexander M. dieses „Lebens­idyll“ für sich und seine Familie gefährdet – durch sechs Flüchtlinge, die ins Nachbarhaus ziehen sollten. Der Hamburger Steuerbeamte legte im Erdgeschoss der geplanten Flüchtlingsunterkunft Feuer.

Bei der Urteilsverkündung am 11. Mai 2015 im Lübecker Landgericht trug der damals 39-Jährige eine schliche Schirmmütze, ein weißes Hemd und eine gestreifte Krawatte. Mit Drei-Tage-Bart saß da ein ganz gewöhnlicher Mann von leicht untersetzter Statur. DNA-Spuren hatten die Ermittler auf ihn aufmerksam gemacht.

M. gestand, durch ein kaputtes Fenster des benachbarten Doppelhauses Pinselreiniger aus einem Kanister gegossen und dann den Kanister mit der Flüssigkeit hineingeworfen und mit Streichhölzern angezündet zu haben. „Ich kann mich für meine Tat nur entschuldigen, ich bekenne mich und schäme mich“, sagte M.

Allerdings sei die ganze Nachbarschaft verärgert gewesen sein, weil das Amt Hohe Elbgeest über „ihre Köpfe“ hinweg sechs junge Männer aus dem Irak in die Siedlung setzen wollte. Er wäre in Angst und Sorge um die Frauen und Kinder gewesen.

Wenige Stunden vor dem Anschlag hatten über zehn Anwohner die Amtsverwaltung aufgesucht, um lautstark gegen die Unterbringung der Flüchtlinge zu protestieren. „Wir sind da total aufgelaufen“, beschwerte sich eine Zeugin. Sie habe überlegt, die Unterkunft mit Wasser unbenutzbar zu machen. Zu der Gruppe gehörte auch M., der angedeutet haben soll, das am Abend etwas passieren werde.

Das Gericht verurteile M. zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren. „Es war eine fremdenfeindliche Tat“, sagte Richterin Helga von Lukowicz. In einer E-Mail an das Amt hätte M. gefragt, wer den Männern die westlichen Kulturwerte beibringen solle, und wer sich darum kümmere, wenn sie den Müll falsch abstellten. Seine Angst um „das Schöne“ bedeute: „Die Idylle derjenigen, die das Glück haben, dass es ihnen gut geht, wird dadurch beeinträchtigt, dass nebenan Flüchtlinge einziehen.“

Mit keinem Wort habe er erwähnt, dass ihm die Flüchtlinge leid tun würden, sagte die Richterin zu M., „Sie tun sich nur selber leid!“ Andreas SpeiT