Das Problem mit der Transparenz

KEF I Details der Finanzflüsse innerhalb der Sender werden von der Kommission selten überprüft

„Man könnte die Hälfte der Leute entlassen, es muss nur die richtige sein.“ Hinter vorgehaltener Hand witzeln so Mitarbeiter öffentlich-rechtlicher Sender über die Missstände, wie sie auch häufig anderen öffentlich-rechtlichen Bürokratien unterstellt werden: Misswirtschaft und fehlende Effektivität.

Fakt ist: Etwa 8,3 Milliarden Euro jährlich an Einnahmen erzielen ARD und ZDF aktuell über die Rundfunkgebühr. Jeder Haushalt ist verpflichtet, ­jeden Monat 17,50 Euro zu bezahlen. Zum Vergleich: Die Sender der Mediengruppe RTL erhalten keine Gebühren, haben für 2015 aber einen Umsatz von über 2 Milliarden Euro eingefahren.

Bemängelt wird von Kritikern vor allem die Undurchsichtigkeit, wenn es um die Ausgaben geht. „Es gibt noch nicht einmal Vergleichsmöglichkeiten innerhalb der ARD, da die Sender unterschiedliche Kostenrechnungen haben“, moniert etwa Gerhard Schmidt, Vorstand der Deutschen Akademie für Fernsehen. Die Informationen, über die Verwaltungs- und Rundfunkrat verfügen, bekommt die Öffentlichkeit nicht zu sehen. Dass die Sender überhaupt damit begonnen haben, bestimmte Informationen, etwa über Produzentenberichte, zu veröffentlichen, kann für viele Branchenbeobachter nur ein erster Schritt sein.

Auch die Nebenkosten sind immer wieder Thema. Vor noch nicht allzu langer Zeit durften viele fest angestellten Rundfunkmitarbeiter mit Renteneinkünften rechnen, die das vorherige Nettogehalt erreichten. Im Jahr 2014 waren in den Landesrundfunkanstalten und ARD-Gemeinschaftseinrichtun­gen mit Teilzeitbeschäftigten 22.926 fest angestellte Mitarbeiter/innen tätig, beim ZDF 3.600 Mitarbeiter. Ebenfalls kritisch wird der Verwaltungsapparat gesehen. In der Verwaltungsdirektion beim WDR zum Beispiel arbeiten 900 Menschen. Dazu kommen dann noch einmal die Angestellten der Intendanz, des Justiziariats und der Direktionen. Bei rund 4.700 Mitarbeitern in Köln dürfte damit mehr als ein Fünftel der Belegschaft den Sender verwalten.

Aber wie viel Geld fließt direkt in die Produktion von Programmen für Radio und TV? Für 2016 verzeichnet etwa der WDR Gesamtaufwendungen von über 1,6 Milliarden Euro. Davon sind aber nur 489 Millionen Euro für den „direkten Programmaufwand“ veranschlagt. Das ist weniger als ein Drittel der Aufwendungen, die für die Kernaufgabe der Sender verwendet werden. Die Altersversorgungsrückstellungen im aktuellen Jahr betragen demgegenüber fast 260 Millionen Euro.

„Tatort“ für 15 Cent

Wie viel Gebührengeld die öffentlich-rechtlichen Sender erhalten sollten, berechnet die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten, kurz KEF. Dort melden die Rundfunkanstalten ihren Bedarf an, und die 16-köpfige Kommission spricht Empfehlungen an die politischen Entscheidungsträger für die Höhe des Rundfunkbeitrags aus, die dann entscheiden, wie hoch die Abgaben sein werden. Details der Finanzflüsse innerhalb der Sender überprüft die KEF aber eher selten. Etwa die Vertragsmodalitäten bei der Show „Gottschalk Live“, die wegen mangelnder Zuschauerresonanz abgesetzt wurde – der Moderator Thomas Gottschalk erhielt das restliche Honorar von über 2 Millionen Euro aber trotzdem. Davon bekam die Kommission nur Wind, weil ein „Whistle­blower“ die Angelegenheit öffentlich machte.

Wenn jetzt die KEF ihren aktuellen Bericht veröffentlicht, wird sich an der grundsätzlichen Situation nichts ändern. Die Sender werden darüber klagen, dass ihnen Geld fehlt, und die Milliarden werden weiter fließen. Die gesellschaftliche Akzeptanz dieser Abgaben aber wird abnehmen, weil zu wenig Transparenz herrscht. Hinweise der öffentlich-rechtlichen Anstalten etwa darauf, dass ein „Tatort“ jeden Gebührenzahler 15 Cent pro Monat kostet, sind zu wenig. Wilfried Urbe