Schwerster Anschlag in Bagdad seit Jahresbeginn

IRAK Der „Islamische Staat“ bekennt sich zu dem Attentat in dem schiitischen Viertel Sadr City

BADGDAD/BERLIN afp/ap/taz Bei einem Autobombenanschlag in einem schiitischen Viertel in Bagdad sind am Mittwoch mindestens 64 Menschen getötet worden. Nach Angaben der Polizei gab es bis zu 85 Verletzte. Es sei zu befürchten, dass einige von ihnen nicht überleben. Der Anschlag war der bislang tödlichste in der irakischen Hauptstadt in diesem Jahr.

Der „Islamischer Staat“ (IS) bekannte sich in einem im Internet veröffentlichten Schreiben zu dem Angriff im nördlichen Bezirk Sadr City. Der IS erklärte, einer ihrer Kämpfer habe den Selbstmordanschlag verübt. Die sunnitische Miliz, die im Jahr 2014 weite Teile des Irak überrannt hatte, betrachtet Schiiten und damit die Mehrheit der irakischen Bevölkerung als Abtrünnige. In Sadr City leben mehrheitlich Schiiten.

Die Bombe explodierte laut den Behörden am Vormittag in der Nähe eines Marktes. Unter den Opfern waren zahlreiche Frauen und Kinder. Umliegende Geschäfte gerieten in Brand, überall lagen Trümmer verstreut, auch das ausgebrannte Auto des Attentäters stand auf der Straße. Dutzende wütende Einwohner Bagdads versammelten sich am Anschlagsort und gaben der Regierung die Schuld, die derzeit in einer tiefen politischen Krise steckt.

„Der Staat wird von einem Konflikt beherrscht, und die Menschen sind die Opfer“, rief ein Mann namens Abu Ali. „Die Politiker stecken hinter der Explosion.“ Auch Abu Muntadhar machte die Staatsführung für die „Bombenangriffe auf Zivilisten“ verantwortlich und forderte den Rücktritt der Regierung.

Unter Führung des schiitischen Geistlichen Muktada al-Sadr hatten Demonstranten vergangene Woche das Parlament in der Grünen Zone gestürmt, dem abgeriegelten Regierung- und Botschaftsviertel von Bagdad. Sie fordern ein Ende der Korruption und der ethnisch-religiösen Quotenregelung bei der Ämtervergabe sowie die Bildung einer Expertenregierung. Darin sind sie sich mit Regierungschef Haidar al-Abadi einig. Doch abgesehen von fünf Ministern scheiterte Abadi bisher mit der Regierungsbildung. Hinzu kommt, dass die von al-Sadr angeführten Proteste auch seine Position schwächen. Das Bagdader Stadtviertel, das am Mittwoch Schauplatz des Anschlags war, ist nach der Familie al-Sadr benannt.