Heimtückischer Mord in Paris

Frankreich Ein Attentäter, der der Polizei wegen islamistischer Straftaten bekannt ist, ersticht einen Polizisten und dessen Frau. Trotz aller Sicherheitsvorkehrungen

Polizeisperre in Nähe des Wohnhauses des ermordeten Polizisten in Magnanville Foto: Christophe Petit/dpa

Aus Paris Rudolf Balmer

Es war Montag, 21 Uhr. Nach seinem Dienstschluss war ein 42-jähriger Polizeioffizier auf dem Weg nach Hause, wo ihn seine Partnerin und das dreijährige Kind erwarteten. Vor seinem Haus in Magnanville lauerte ihm ein Mörder auf. „Allahu akhbar“ soll dieser laut den entsetzten Nachbarn geschrien haben, als er sich mit einem Messer auf den überraschten Polizisten stürzte. Dieser starb wenig später an den schweren Stichverletzungen, die ihm der Täter zugefügt hatte. Damit aber war das Drama nicht zu Ende. Der Attentäter verschanzte sich im Wohnhaus und nahm die 36-jährige Frau und ihr Kind als Geiseln.

Seit den Attentaten vom 13. November rechnete man in Frankreich mit neuen terroristischen Attentaten. Besonders im Zusammenhang mit der Fußball-EM wurden aus diesem Grund maximale Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz der Fans und der Bevölkerung getroffen. Aber auch die größte Wachsamkeit kann Mordanschläge individueller Terroristen nicht verhindern. Eine Eliteeinheit der französischen Polizei stürmte das Haus und erschoss dabei den Attentäter. Sie fand dabei die Leiche der Frau, die als Sekretärin in einem Kommissariat im benachbarten Ort Mantes-la-Jolie ebenfalls für die Polizei tätig gewesen war. Das Kind, das nach diesem Anschlag Vollwaise ist, konnte unverletzt, aber in einem schwerem Schockzustand in Sicherheit gebracht werden.

Der Täter, Larossi A., war 25 Jahre alt und lebte in der Nähe der beiden Opfer. Er wohnte bei seinen Eltern in Les Mureaux im Departement Les Yvelines im Westen von Paris. Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich mit der Lieferung von Sandwichs. Die Wohnung seiner Eltern ist von der Polizei auf der Suche nach eventuellen Komplizen und seinen Kontakten durchsucht worden. Drei Personen wurden zur Befragung festgenommen. Wie häufig in solchen Fällen, sagen heute seine Bekannten, A. sei die Höflichkeit in Person gewesen. Nichts habe sie vermuten lassen, dass er zu einer solchen Bluttat fähig gewesen wäre. Junge Bekannte erklärten in den Medien, sie hätten ihn nie in der Moschee angetroffen.

Bei der Polizei war er indes kein unbeschriebenes Blatt. Er war im Jahr 2011 wegen seiner aktiven Rolle bei der Rekrutierung von französischen Dschihadisten und der Organisation ihrer Reise nach Pakistan festgenommen und 2013 deswegen zu drei Jahren Haft verurteilt worden.

Der Täter war vor­bestraft und wurde von den Behörden zeitweise überwacht

Allein deswegen stand sein Name auch auf der Liste S (für „surveillance“ oder Überwachung) von Verdächtigen, die als mögliche Komplizen terroristischer Gruppen beobachtet werden. Diese von den derzeit geltenden Notstandsgesetzen noch erweiterten Kontrollen, haben dennoch nicht verhindern können, dass ein den Antiterrorbehörden einschlägig bekannter und vorbestrafter Mann einen insgeheim und individuell geplanten Anschlag verüben konnte.

Im Licht dieses tragischen Vorfalls müssen in Frankreich die Prozeduren und die Zuständigkeiten überprüft werden. Wie eine Terrorismusexpertin des Fernsehsenders France-2 aber zu bedenken gab, gehe die Zahl solcher potenziell gefährlichen Islamisten in Frankreich „in die Tausende“.