EMtaz: Terror in Belgien: Die Angst jubelt mit

Razzien und die Festnahme mutmaßlicher Attentäter nährt die Sorge vor neuen Anschlägen. Hartgesottene wollen weiter auf die Fanmeile gehen.

Armeepatrouillie am Sonntag vor dem Brüsseler Hauptbahnhof.

Armeepatrouillie am Sonntag vor dem Brüsseler Hauptbahnhof Foto: dpa

BRÜSSEL taz | Es sollte ein fröhliches Fußballfest werden. Und das wurde es auch: 3:0 hat Belgien die Mannschaft aus Irland am Samstag geschlagen. Doch in Brüssel wurde der Sieg der „Red Devils“ von Terrorangst überschattet.

Bei einer der größten Razzien seit dem Attentat vom 22. März nahm die belgische Polizei zwölf Verdächtige fest. Gegen drei Männer im Alter von 27, 29 und 40 Jahren wurde Haftbefehl erlassen. Sie sollen einen Anschlag auf Fanmeilen geplant haben. Es habe eine „unmittelbare Bedrohung“ gegeben, so die Ermittler.

Akut gefährdet war nach einem Bericht der belgischen Rundfunks RTBF das „Village du Foot“ auf der Place Rogier im Norden Brüssels. Am Vorabend des Spiels Belgien gegen Nordirland sollen die Verdächtigen dort mögliche Ziele ausgekundschaftet haben.

Die Polizei griff jedoch zu, bevor die mutmaßlichen Terroristen Schaden anrichten konnten. Insgesamt wurden 40 Wohnungen in 16 Städten und Gemeinden durchsucht. Neben dem als Islamistenhochburg bekannten Brüsseler Stadtteil Molenbeek war auch das Flughafenviertel Zaventem betroffen.

Ruhe und Vorsicht

Wie ernst die Lage ist, zeigte eine Krisensitzung des nationa­len Sicherheitsrats am Samstag. Premier Louis Michel appellierte nach dem Treffen an die Bevölkerung, Ruhe zu bewahren und besondere Vorsicht walten zu lassen.

Bereits am Freitag hatten die Behörden Michel und drei weitere Minister unter besonderen Personenschutz gestellt. Offenbar sind auch sie ins Visier von Terroristen des „Islamischen Staats“ geraten. Einen direkten Zusammenhang mit der Razzia in der Nacht zu Samstag gebe es aber nicht, so die Behörden.

Besucherin der Fanmeile

Der Terror kann uns doch überall treffen“

Unklar ist auch, ob die Festgenommenen einen Bezug zu den Anschlägen in Brüssel und Paris haben – oder ob es sich um andere Gruppen handelt. Bereits in der vergangenen Woche hatte es Hinweise gegeben, dass neue Terrorzellen aus Syrien nach Belgien und Frankreich unterwegs seien, wo sie Anschläge auf die Fußball-EM planen sollen.

Am Freitagabend hatte die belgische Staatsanwaltschaft die Festnahme eines achten Verdächtigen im Zusammenhang mit den Brüsseler Anschlägen bekanntgegeben. Gegen den 30-Jährigen, der am ­Flughafen Zaventem arbeitete, wurde Haftbefehl erlassen. Ihm werden „die Teilnahme an Aktivitäten einer Terrorgruppe, Mord sowie versuchter Mord in einem terroristischen Kontext“ vorgeworfen. In seiner Jugendzeit war er mit dem Brüssel-Attentäter Khalid El Bakraoui befreundet.

Regierung wiegelt ab

Diese Festnahme und die breit angelegten Razzien nähren in Brüssel die Sorge, dass sich ein ähnliches Szenario wie im März wiederholen könnte.

Damals hatte die Polizei zunächst den gesuchten Paris-Attentäter Salah Abdeslam festgenommen. Doch kurz nach dem Fahndungserfolg explodierten Bomben auf dem Flughafen und in der Metrostation Maalbeek.

Die Regierung wiegelt ab: Alle nötigen Sicherheitsmaßnahmen seien ergriffen worden, betont Premier Michel. „Die verschiedenen Veranstaltungen, die für die kommenden Tage vorgesehen sind, werden beibehalten“, fügte er hinzu. Auch die Terror-Warnstufe wurde nicht erhöht. Sie bleibt auf dem Niveau drei von vier. Das heißt, dass eine Terrorattacke nicht nur möglich, sondern auch wahrscheinlich ist.

Auf der Fanmeile an der Place Rogier tat dies der Stimmung aber keinen Abbruch. Polizei und Militär hatten das Gelände weiträumig abgesperrt und alle Besucher streng kontrolliert. Mehr könne man nicht tun, hieß es.

Die Fans feierten den Sieg der „Red Devil’s“, als wenn nichts gewesen wäre. „Der Terror kann uns doch überall treffen“, sagte eine Frau. Viel wichtiger sei der Sieg ihrer Mannschaft. Beim Spiel am kommenden Mittwoch in Nizza wollen sie alle wiederkommen – trotz der Terrorgefahr.

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