Kommentar Wirtschaftsminister und TTIP: Gabriel sucht den TTexit

Freihandel wäre ein schönes sozialdemokratisches Thema – wäre Gabriel nicht Fan von TTIP und Ceta. Nun sucht er eine Exit-Strategie.

Sigmar Gabriel im Porträt

Ist dort der Ausgang? Foto: reuters

Freihandelsabkommen rangieren bei den meisten Deutschen von der Beliebtheit her ungefähr auf dem Level von Atombombentests und damit sind sie eines der vielen Probleme von Sigmar Gabriel: Freihandel wäre ein schönes sozialdemokratisches Thema – Freiheit für Arbeiter statt für Konzerne! Aber dummerweise verkämpft sich Gabriel als Wirtschaftsminister für TTIP und Ceta, während die meisten SPD-Anhänger fürchten, dass Europa für die Abkommen Verbraucherschutz, Umwelt- und Sozialstandards opfert.

Nun sucht der Minister eine TTIP-Exit-Strategie ohne Gesichtsverlust, und die scheint so auszusehen: Ceta, das Freihandelsabkommen mit Kanada, kommt. Dafür nimmt Gabriel sozusagen ein Geschenk Gottes oder Amerikas freimütig an, nämlich ein Scheitern des umstrittenen TTIP auf Verhandlungsebene. Oder zumindest eine Verschiebung des Abschlusses auf unbestimmte Zeit.

Dann könnten Europa und die USA im nächsten Jahr weiterverhandeln, dann allerdings mit einer neuen US-Regierung. Unter Donald Trump wäre es mit dem Freihandel ohnehin vorbei, und auch Hillary Clinton ist, zumindest im Wahlkampf, sehr TTIP-skeptisch. Bis zur Bundestagswahl 2017 wären das komplett andere Vorzeichen und das nervige Thema TTIP/Ceta vom Tisch.

Für Gabriel wäre das der optimale Lauf der Dinge. Jetzt sickerte aus seinem Ministerium bereits ein Papier an die Presse, in dem genau dies steht. Das Papier beginnt mit einem Bekenntnis zu TTIP – das braucht der Wirtschaftsminister, sonst steigt ihm die Industrie aufs Dach. Danach folgt eine ausführliche Erklärung darüber, wo die Verhandlungen überall stocken. Kein Wunschdenken, einfach eine nüchterne Bestandsaufnahme.

Ceta allerdings könnte unter diesen Vorzeichen im nächsten Jahr wie geplant in Kraft treten. Das entspräche genau Gabriels Strategie. Und bis zur Wahl wissen die meisten Wähler dann nicht mehr so genau, was das noch mal war: Ceta.

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Beschäftigte sich für die taz mit der Corona-Pandemie und Impfstoffen, Klimawandel und Energie- und Finanzmärkten. Seit Mitte 2021 nicht mehr bei der taz.

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