Daniel Ortega entscheidet Präsidentenwahl für sich

Nicaragua Niedrigste Wahlbeteiligung seit Jahrzehnten. Opposition spricht von einer Farce

Das Ehepaar Ortega nach der Stimmabgabe Foto: Oswaldo Rivas/reuters

WIEN taz | Daniel Ortega von der Sandinistischen Befreiungsfront (FSLN) wird auch die nächsten Jahre in Nicaragua regieren. Bei den Wahlen vom Sonntag, die sich durch eine hohe Stimmenenthaltung auszeichneten, geben erste Teilergebnisse dem Amtsinhaber 71,3 Prozent der Stimmen. Die von der Wahl ausgeschlossene Opposition spricht von einer Farce.

Die Wahllokale zeichneten sich am Sonntag die meiste Zeit über durch gähnende Leere aus, wie Fotos und Filmaufnahmen in den lokalen Medien belegen. Der Oberste Wahlrat (CSE) sprach nach Auszählung von einem Fünftel der Stimmen von einer Beteiligung von über 65 Prozent – die niedrigste seit Jahrzehnten.

Inoffizielle Wahlbeobachter schätzen hingegen, dass nicht mehr als 22 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme tatsächlich abgegeben haben. Rosario Murillo, die jetzt neben ihrem Mann als gewählte Vizepräsidentin fungieren wird, bezeichnete den Wahlgang nach ihrer Stimmabgabe als „nahezu perfekt“.

Der 70-jährige Ortega selbst, der auf eine für ihn vorbereitete Tribüne neben dem Wahllokal kletterte, lobte den Wahlprozess, der „ohne Hass, ohne Konfrontation und ohne Tote“ abgelaufen sei. Jede Kritik wies er kategorisch zurück: „Manche sagen, hier gibt es keine richtigen Wahlen, nur weil wir uns hier nicht beschimpfen und Hassbotschaften senden und weil wir hier keine Trommeln des Todes rühren.“

Weit abgeschlagen auf dem zweiten Platz landete mit vorläufig 16,4 Prozent die rechte Liberal-Konstitutionalistische Partei (PLC) desExpräsidenten Arnoldo Alemán, mit dem Ortega einst in einem Paktdie Institutionen des Staats zwischen den beiden Parteien aufgeteilt hatte. Die Oppositionsallianz mit den größten Aussichten auf ein respektables Abschneiden war schon im vergangenen August durch einen umstrittenen Gerichtsbeschluss ausgeschaltet worden.

Sie rief ebenso zum Boykott dieser Wahlen auf, wie einige Mitglieder der einflussreichen Bischofskonferenz. Allen voran Silvio Báez, Weihbischof von Managua. Er sprach von einem „verkommenen, autoritären und undemokratischen System“, das man mit seiner Stimme nicht auch noch legitimieren solle.

Schon bei den Wahlen 2011, bei denen Ortega mit 62 Prozent der Stimmen wiedergewählt worden war, hatten Wahlbeobachter der Europäischen Union gravierende Mängel konstatiert und zahlreiche Vorschläge zur Verbesserung von Transparenz und demokratischer Willensbildung gemacht. Davon sei kein einziger Vorschlag umgesetzt worden, schreibt die kritische Onlinezeitung Confidencial. Diesmal waren unabhängige Beobachter gar nicht erst zugelassen.

Bei diesen Wahlen waren unabhängige Beobachter gar nicht erst zugelassen

Ortega, der schon während der Revolution von 1985 bis 1990 als Präsident amtierte, regiert seit 2007. Das in der Verfassung verankerte Wiederwahlverbot hat er inzwischen streichen lassen. Im Falle seines Todes oder seiner Amtsunfähigkeit würde Vizepräsidentin Murillo, also seine Frau, ihm nachfolgen. Vollständige Auszählungsergebnisse wurden erst für Montagmittag Ortszeit angekündigt. Ralf Leonhard

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