Wer Internet-Passwörter mit ins Grab nimmt, schafft Probleme

Vorsorge Internet-Nutzer sollten regeln, wie Angehörige an ihren digitalen Nachlass kommen und zum Beispiel Online-Verträge kündigen können

„Etwa alle drei Minuten stirbt in Deutschland ein Facebook-Nutzer, ohne zu entscheiden, was mit geposteten Inhalten, Likes und Fotos passieren soll.“ Mit diesem Satz empfängt die Seite www.machts-gut.de ihre Besucher. Ein paar Klicks weiter wird der Leser gefragt: „Wer hat Zugang zu deinen Fotos nach deinem Tod? a) Freund/Freundin b) Eltern c) Flickr d) Niemand (Fotos löschen) e) Ich lade keine Fotos hoch.“

Die Antwortvarianten haben ihre Berechtigung: „Bei Flickr können Freunde und Familie nicht auf Fotos von Verstorbenen zurückgreifen“, heißt es auf dieser Homepage der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. „Wir wollen mit erreichen, dass sich Menschen mehr Gedanken über ihren digitalen Nachlass machen und Dinge regeln, mit denen die Hinterbliebenen oft überfordert sind“, sagt Michael Gundall, Experte für Telekommunikation und digitale Medien bei der Mainzer Verbraucherzentrale.

Er empfiehlt, Benutzerkonten mit Passwörtern schriftlich aufzulisten, sicher zu verwahren und zwar so, dass sie im Todesfall gefunden werden – die Stiftung Warentest bietet dafür das Formular „Nutzerkonten im Internet“.

Auch sollte handschriftlich festgelegt werden, was mit dem digitalen Nachlass passieren soll: Sollen Fotos erhalten bleiben oder nicht, sollen Web­accounts gelöscht, im Gedenkmodus erhalten bleiben oder von Hinterbliebenen weiter betreut werden? Soziale Netzwerke gewähren allerdings meist keinen Zugriff auf das Profil des Verstorbenen – wer Passwort und Nutzernamen nicht kennt, kann bei Facebook laut Zeitschrift Test das Profil nicht verändern.

Für Hinterbliebene ist der Zugang zu den Mails besonders wichtig, denn hier kommen auch Rechnungen an, die bezahlt werden müssen. Test fand heraus, dass bei GMX und Web.de die Erben hierfür zunächst einen Erbschein beantragen müssen – oft ein Dilemma, denn einen Erbschein gibt es nur, wenn man das Erbe angetreten hat. Vor diesem Schritt schrecken aber Angehörige oft zurück, aus Angst vor Schulden des Verstorbenen.

„Junge Menschen machen sich naturgemäß weniger Gedanken über den Tod und ihre Hinterlassenschaft als ältere. Bei den Älteren gibt es häufig die Einstellung: „Ich mach gar nicht so viel im Internet, da muss ich mich nicht weiter drum kümmern, was nach meinem Tod dort passiert“, sagt Gundall. „Das ist ein Fehler. Wenn zum Beispiel die Witwe bei Facebook noch lustige Kommentare ihres verstorbenen Partners findet, ist das schmerzlich.“

Online-Bankkonten, digitale Abos für Apps, Online-Spiele oder Zeitschriften, Ebay – Experten raten, für Hinterbliebene genaue Angaben zu machen, damit sie an das Geld kommen bzw. online geschlossene Verträge ohne großen Aufwand kündigen können. Andernfalls kann es Monate dauern, bis alles erledigt ist.

Diese Fälle werden in Zukunft nicht weniger werden, wenn man nach den Zahlen der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz geht: 57 Prozent der Deutschen nutzen ausschließlich ihr Gedächtnis, um sich ihre Passwörter zu merken.

Joachim Göres

„digina.16“, die erste deutschsprachige Konferenz über digitalen Nachlass: 24. 11., 9–18 Uhr, Hamburg, Bestattungsforum Ohlsdorf. www.digina16.de