Die Steuerung des Verbrauchs

ROHSTOFFE Umweltbundesamt will Käufer ressourceneffizienter Fernseher und Kühlschränke mit einem geringeren Mehrwertsteuersatz belohnen

BERLIN taz | Der Kölner Dom ließe sich 3.700-mal bauen. Dafür reichten der Sand, die Steine, der Zement , die in einem Jahr in Deutschland aus dem Boden geholt werden. Immerzu wird gebuddelt und gegraben. Es sind ungeheure Mengen Material, die Industrie und Bürger verbauen, verarbeiten und verzehren. Jeder Mensch in Deutschland verbraucht pro Tag 44 Kilo an Rohstoffen, etwa an Metall und Holz, an Zement und Kohle, an Fisch und Getreide.

Das geht aus dem 80-seitigen Ressourcenbericht hervor, den das Umweltbundesamt veröffentlicht hat. Es ist das erste Mal, dass die obersten Umweltschützer der Republik die Daten zusammengestellt haben. Man macht sich selten bewusst, wie viele Rohstoffe sich der Mensch zunutze macht. Ewig könne das so nicht weitergehen, sagt Maria Krautzberger, die Präsidentin des Umweltbundesamtes: „Wir müssen viel sorgsamer mit Rohstoffen umgehen.“ Ihre Empfehlung: eine Reform der Mehrwertsteuer. Was Rohstoffe spart, wird billiger.

So solle zum Beispiel für den „ressourceneffizienten Fernseher oder Kühlschrank“ statt der üblichen 19 Prozent nur noch 7 Prozent Mehrwertsteuer anfallen. Eine Steueränderung zu fordern – das ist immer heikel. „Das wird sicher nicht einfach“, sagt Krautzberger auch selbst. Die EU habe zum Beispiel mitzureden, wenn die Mehrwertsteuer nach den Ökokriterien ermäßigt werden soll.

Anderes Problem: Schon heute ist kaum zu durchblicken, wann welcher Mehrwertsteuersatz gilt. Die Mülltüte aus Plastik: 19 Prozent, die aus Recyclingmaterial: 7 Prozent. Droht ein neuer Wirrwarr?

Die Industrie zeigt sich zurückhaltend. Berthold Welling vom Bundesverband der deutschen Industrie sagt: „Bisher werden nur die Waren des täglichen Bedarfs oder medizinische Produkte im Wesentlichen aus sozialpolitischen Erwägungen mit einem niedrigeren Sondersteuersatz privilegiert.“ Da sei Krautzbergers Idee eine „große steuerpolitische Herausforderung“.

Ein CDU-Finanzminister Wolfgang Schäuble oder seine Nachfolge werden nicht leicht zu überzeugen sein. Das weiß Krautzberger. Sie will die Mehrwertsteuer aber nicht nur bei ökologischen Produkten mindern, sondern im Gegenzug aus Umweltsicht falsche Steuerermäßigungen aufheben. Sie meint: „Im Prinzip geht es.“

Krautzberger nennt gleich mehrere Gründe, warum die Wirtschafts- und Warenwelt umgekrempelt werden müsse. Der Ressourcenhunger habe „bedeutende ökologische Folgen“, sagt sie. Ökosysteme würden zerstört, Wasser, Boden und Luft verschmutzt. Nicht nur in Deutschland, 70 Prozent der in Deutschland verbrauchten Ressourcen kommen aus dem Ausland. Hannah Gersmann